Unsere Expert*innen

Welche Quellenangaben muss ich zu Gedichten machen? Genügt zum Beispiel "Lyrikkanon Reich-Ranicki"?

Ich stelle gerade Bilder (private Aufnahmen) und Gedichte aus der klassischen deutschen Lyrik zusammen. Welche Quellenangaben muss ich zu den Gedichten machen? Genügt zum Beispiel "Lyrikkanon Reich-Ranicki"?

Zunächst gehe ich davon aus, dass Sie Ihre Zusammenstellung aus Fotografien und Gedichten veröffentlichen möchten. Wenn Sie nur ein Weihnachtsgeschenk für eine Freundin basteln oder einen Kalender für sich selbst, müssen Sie nichts weiter beachten.

Wenn Sie Ihre Zusammenstellung aus selbst angefertigten Fotografien und nicht selbst geschriebenen Gedichten veröffentlichen wollen, müssen Sie sich zunächst Gedanken darüber machen, ob Sie die ausgewählten Gedichte überhaupt ohne Rücksprache mit der Autorin bzw. der Inhaberin des Nutzungsrechts veröffentlichen dürfen. Nach § 64 Urheberrechtsgesetz erlischt der Urheberschutz eines Werkes 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Das bedeutet, dass Sie Gedichte, deren VerfasserIn seit 70 Jahren verstorben ist, veröffentlichen dürfen, ohne beim Inhaber des Nutzungsrechts die Genehmigung für eine Veröffentlichung einholen und gegebenenfalls dafür eine Lizenzgebühr entrichten zu müssen. Da Sie Gedichte aus der Zeit der Klassik (Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts) veröffentlichen möchten und alle LyrikerInnen aus dieser Zeit seit mehr als 70 Jahren verstorben sind, ist der Urheberschutz für diese Gedichte erloschen. Darüber brauchen Sie sich also keine Gedanken zu machen.

Für die Frage der Quellenangabe gilt § 63 Urheberrechtsgesetz. Danach ist die Quelle in den in der Vorschrift genannten Fällen dann deutlich anzugeben, wenn ein Werk oder ein Teil eines Werkes vervielfältigt wird. Die Quellenangabe geht über das Recht des Urhebers auf Namensnennung hinaus, das in § 13 Urheberrechtsgesetz garantiert wird. Die Pflicht zur Quellenangabe hat den Sinn, dem Urheber einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass er sein Werk meist unentgeltlich anderen zur Nutzung zur Verfügung stellt. Heutzutage ist es leider absolut üblich, dass für die Veröffentlichung einzelner Gedichte in Anthologien, Literaturzeitschriften und Kalendern kein Honorar gezahlt wird. Die Quellenangabe soll es den LeserInnen ermöglichen, das Werk, aus dem ein Gedicht entnommen wurde, einem Buch zuzuordnen und dieses Buch zu kaufen. Die Quellenangabe ist damit eine Werbung für den Urheber und den Verlag. Folgende Angaben sind für eine korrekte Quellenangabe erforderlich: AutorIn oder HerausgeberIn (Vor- und Zuname), Titel des Buches, Verlag, Verlagsort, Erscheinungsjahr. Die Angabe "Lyrikkanon Reich-Ranicki" genügt diesen Anforderungen nicht. Mit dieser Angabe konnte ich kein Buch im Bestand des Katalogs der Deutschen Nationalbibliothek (http://www.ddb.de) identifizieren.

Die Pflicht zur Quellenangabe gilt jedoch nur für Werke, die den Urheberschutz nach dem Urheberrechtsgesetz genießen. Da das Urheberrecht nach § 64 Urheberrechtsgesetz 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt, können Sie Gedichte aus der Zeit der Klassik ohne Quellenangabe veröffentlichen. Es genügt dann, wenn Sie unter das Gedicht den Namen des Urhebers setzen, also zum Beispiel Heinrich von Kleist oder Friedrich Hölderlin.

beantwortet von: Martina Weber (10-12)

Über autorenforum.de

Kleines Logoautorenforum.de bietet seit mehr als fünfundzwanzig Jahren mit dem monatlichen Newsletter "The Tempest" und den umfangreichen Datenbanken Informationen rund ums Schreiben und Veröffentlichen. Außerdem stehen den Abonnenten zahlreiche Expert*innen mit Spezialwissen für Fragen zur Verfügung.