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Was halten Sie von dem Angebot eines Druckkostenzuschussverlags, das ich bekommen habe?

Lyrik verkauft sich, wie mir bekannt ist, sehr schlecht. Deshalb ist es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, als Neu-Autor einen Verlag zu finden, der Lyrik veröffentlicht. Nun habe ich ein Lyrik-Projekt fertiggestellt. [...] Trotz eines perfekten Layouts und qualitativ hochwertiger Fotos fanden wir bis jetzt noch keinen Verlag, der es ALS Buch veröffentlichen möchte.

Nun antwortete uns ein Verlag, der von dieser Idee und allem begeistert ist. Dieser Verlag verlangt aber für 300 Bücher in guter Qualität ca. 2 000 DM Zuzahlung (Zahlung der Druckkosten). Dafür können wir 150 Bücher zu 30 % Rabatt sofort abnehmen, und für die anderen bekommen wir 15 % Honorar pro verkauftem Buch. Den Nachdruck würde dann der Verlag bezahlen, ebenso kümmert er sich um ISB-Nummer, Werbung, Anmeldung bei Amazon, Messe. Die Covergestaltung, das Layout und die Arbeit bis zur Druckvorstufe wollten wir dem Verlag stellen, da das mein Co-Autor perfekt beherrscht.

Laut Auskunft verschiedener Druckereien würde uns der Eigendruck von 500 Büchern ca. 3 000 bis 4 000 DM kosten, käme uns also teurer, abgesehen davon, dass wir uns dann um alles andere selbst kümmern müssten.

Haben Sie Erfahrung damit? Was würden Sie uns raten?

Ich hoffe, Sie haben den Vertrag inzwischen nicht schon unterzeichnet - gern würde ich Ihnen noch einige Dinge zu bedenken geben.

Der Verlag verlangt 2 000 Mark Druckkostenzuschuss - Sie begleichen nach ihren eigenen Recherchen also mindestens die Hälfte der Druckereirechnung. Zusätzlich sollen Sie 150 Bücher bezahlen, was bei einem Buchpreis von, sagen wir, 20 Mark weiteren 3 000 Mark entspricht. Ein Drittel erlässt Ihnen der Verlag (ist übrigens bei Autorenexemplaren generell üblich und kein "besonderes Zugeständnis" des Verlags), bleiben 2 000 Mark. Zusammen mit Ihrem Zuschuss haben Sie damit die gesamte Auflage finanziert. Von allen im Folgenden verkauften Büchern bekommen Sie 15 Prozent Honorar, der Verlag behält 85 Prozent.

An Ihrer Stelle würde ich die wenigen Schritte, die der Verlag für diesen Verdienst geht, selbst gehen. Die Anmeldung bei Amazon erfolgt in einem einzigen Online-Formular und dauert höchstens fünf Minuten. Eine ISB-Nummer erhalten Sie auf Anfrage für wenig Geld. Bleibt das Schreckgespenst "Werbung".

Werbung kostet wirklich Geld und eine Menge Zeit. Aber bedenken Sie: Der Verlag ist mit Ihrem Buch kein Risiko eingegangen, weil Sie die kompletten Druckkosten tragen. Warum sollte er sich bemühen, Ihr Buch zu verkaufen? Sie werden für ihn arbeiten, unter Ihren Freunden und Bekannten, bei Lesungen, über Empfehlungen oder Rezensionen in kleinen Zeitungen. Und jedes Mal verdient er Geld, das Sie auch behalten könnten.

Nach dem, was Sie über Ihr Buch schreiben, scheint es ein lohnenswertes Projekt zu sein. Es wird natürlich weder für Sie einfach, die Bücher zu verkaufen, noch für den Verlag. Wenn Sie aber das finanzielle Risiko tragen, sollten Sie auch den Verdienst einstreichen, wenn Sie erfolgreich sind. Ich bezweifle, dass der Verlag ernsthaft für Ihr Buch arbeitet, nachdem Sie die Kosten für den Druck übernommen haben.

beantwortet von: Titus Müller (4-01)

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