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Grundsätzlich soll man ja keine Rückblenden verwenden. Kann man dieses Problem durch Dialoge lösen?

Grundsätzlich soll man ja keine Rückblenden verwenden. Kann man dieses Problem durch Dialoge lösen?

Rückblenden sind Krücken wie Prologe! Es gibt Fälle, wo eine Rückblende durchaus angebracht sein kann, aber pro hundert Seiten würde ich nicht mehr als eine erlauben und dann nicht länger als eine Seite. Am besten gar keine. Stell dir vor, dein Geschehen spielt im Theater auf der Bühne, dort gibt es auch keine Rückblenden. Die müssten nämlich hinter der Bühne stattfinden, somit wäre das Publikum nicht beteiligt und schnell gelangweilt. So geht das im Roman auch vor sich: Du reißt deine Leser aus der Geschichte, um ihnen etwas zu erzählen, das längst passé ist. (Dazu kommt meist noch das recht sperrige Plusquamperfekt = vollendete Vergangenheit, was sich durch viele "hatte" und "war geworden" manifestiert und schlecht liest.) Besser ist es, die Informationen aus einer Rückblende zu reduzieren und in die Handlung oder den Dialog zu packen. Ein Beispiel:

- Rückblende:
Er strich der Katze über das dunkle Fell. Damals hatte er auch eine Katze gehabt, bevor sein Vater sie mitsamt den Jungen im Fluss ertränkt hatte, nur weil er ihr Gemaunze nicht mehr anhören gemocht hatte.

- Innerer Monolog:
Er strich der Katze über das dunkle Fell und erinnerte sich an Jojo und wie Vater sie im Fluss ertränkt hatte, der grobe Kerl, bloß weil sie ständig gemaunzt hatte.

- Dialog:
Er strich der Katze über das dunkle Fell. "Na, du bist ja was Liebes ..."
Sein Vater sah von der Zeitung auf. "Klar, die Katze kannst du streicheln, aber deine Frau hast du seit Monaten nicht mehr angefasst."
"Was geht dich das an?"
"Mir fällt zumindest auf, dass sie unglücklich ist!"
"Oh, du bist ja auch sensibel. So feinfühlig, dass du meine Katze im Fluss ertränkt hast, als sie dir zu laut war. Samt Jungen."
"Was hat das mit deiner Frau zu tun?"
"Ach Vater ..."

- Handlung:
Er riss die Katze zurück, als sein Vater sich über sie beugte, zog Sie auf den Schoß, hielt sie fest und streichelte das glatte Fell und streichelte und streichelte. So fest hielt er sie, als würde er sie nie wieder loslassen. Die Kratzer spürte er kaum. Und nachher, als sein Vater nach der Zeitung griff, trug er das Tier in sein Zimmer und schloss sorgfältig die Tür, damit sein Vater diese Katze nicht auch noch samt ihren Jungen ertränkte.

Wenn du dir die Beispiele durchliest, stellst du bestimmt fest, dass die Handlungs- und Dialogvariante zwar länger, aber auch lebendiger und intensiver sind.

beantwortet von:Stefanie Bense (5-01)

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