The Tempest

Ausgabe 13-02 (20. Februar 2011)

Editorial
Hall of Fame
Echo-Service
Schreib-Kick
Lesetipps
Leserbrief
Autorenwissen
   "Biographien und Romane kästchenweise schreiben"
   Jakob Anderhandt
   "Wie finde ich die 'Science' für eine Science-Fiction-Story -
   und wie veröffentliche ich die Story?"
   von Sven Klöpping
Schreibkurs
   "Was Sie von Monstern mit Reißverschluss
   lernen können, Teil 2"
   von Stephan Waldscheidt
DVD-Besprechung
   "Montségur Autorenforum:
   Die Vorträge des Jahrestreffens 2010"
   besprochen von Ramona und Thomas Roth-Berghofer
Interview mit Sylvia Englert
Verlagsportrait
   Regenbogenkrimi-Verlag DeKadenz
Des bösen Lektors Wörterbuch
Küss mich, ich bin ein Autor!
Frag die Expertin für Fantasy
   (Stefanie Bense)
Frag den Experten für Kinderbuch
   (Michael Borlik)
Frag die Expertin für Sachbuch
   (Gabi Neumayer)

EDITORIAL:  
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Liebe Autorinnen und Autoren,

was wir von Monstern mit Reißverschluss lernen können, das erfahren
wir heute wieder, im zweiten Teil von Stephan Waldscheidts Artikel.
Wer Science-Fiction schreiben und veröffentlichen möchte, findet bei
Sven Klöpping wertvolle Tipps. Und Jakob Anderhandt verrät uns seine
Methode, wie er auch bei einem Buch mit über 1.000 Seiten den
Überblick über Personen, Orte und Ereignisse behält. Außerdem gibt die
erfolgreiche Autorin Sylvia Englert Auskunft über ihre Arbeit, unsere
Experten haben neue Tipps, und dazu gibt es wie gewohnt den Schreib-
Kick, neue Ausschreibungen, Lese-Tipps, Honeyballs seltsames
Verlagslexikon, ein Verlagsportrait und vieles mehr. Und wem das alles
noch zu wenig Fortbildung für diesen Monat ist, sollte sich unsere
DVD-Besprechung ansehen.

Lange war sie unbesetzt, die Stelle unseres Kriminalistik-Experten.
Nun haben wir einen neuen: Kajo Lang, Jahrgang 1959, ist Dozent für
Kreatives Schreiben an der Journalisten Akademie in Stuttgart. Er
studierte Germanistik, Theater- und Literaturwissenschaft und
veröffentlichte Gedichte, Kurzgeschichten, Romane. Neben
Kriminalromanen schreibt und berät Lang Drehbücher u. a. für Tatort.
Besonderes Augenmerk legt er auf gründliche Recherche. Mehr Infos über
ihn findet ihr auf http://www.kajo-lang.de - und er freut sich ab
sofort auf eure Fragen!

Der Tipp des Monats Februar, diesmal von Kurt Vonnegut (jetzt bemühe
ich also schon tote Autoren - schickt mir EURE Tipps!):

Every character should want something,
even if it is only a glass of water.

Einen besonderen Dank an Pit Gutzmann, der unsere Rubrik "Küss mich,
ich bin ein Autor!" wiederbelebt. Schickt eure eigenen Minidialoge,
und ihr wandert wie Pit in der Verlosungstrommel!

Kölle alaaf, Düsseldorf und Mainz helau - und allen Nicht-Jecken
ebenfalls einen schönen März!

Gabi Neumayer
Chefredakteurin

~~~~~~~~~~~
Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen
wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen
freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt,
aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto
von autorenforum.de:

Sparda Bank Südwest eG
BLZ 550 905 00
Kto. 100 724 515
Stichwort: "Beitrag 2011"

Für AuslandsabonnentInnen: Am 1. Juli 2003 wurden die
Auslandsüberweisungsgebühren gesenkt. Aber natürlich könnt ihr uns
euren Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des
Tempest).

Wer aus Österreich überweist, braucht außerdem diese Nummern (bitte
genau so zusammenschreiben!)
IBAN: DE16 5509 0500 0100 7245 15
BIC: GENODEF1S01

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ISSN 1439-4669 Copyright 2011 autorenforum.de. Copyright- und
Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe
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INHALT DIESER AUSGABE:


TEIL 1:

Editorial
Hall of Fame
Echo-Service
Schreib-Kick
Lesetipps
Leserbrief
Autorenwissen
"Biographien und Romane kästchenweise schreiben"
Jakob Anderhandt
"Wie finde ich die 'Science' für eine Science-Fiction-Story -
und wie veröffentliche ich die Story?"
von Sven Klöpping
Schreibkurs
"Was Sie von Monstern mit Reißverschluss
lernen können, Teil 2"
von Stephan Waldscheidt
DVD-Besprechung
"Montségur Autorenforum:
Die Vorträge des Jahrestreffens 2010"
besprochen von Ramona und Thomas Roth-Berghofer
Interview mit Sylvia Englert
Verlagsportrait
Regenbogenkrimi-Verlag DeKadenz
Des bösen Lektors Wörterbuch
Küss mich, ich bin ein Autor!
Frag die Expertin für Fantasy
(Stefanie Bense)
Frag den Experten für Kinderbuch
(Michael Borlik)
Frag die Expertin für Sachbuch
(Gabi Neumayer)
Impressum


TEIL 2:

Veranstaltungen
Ausschreibungen
Publikationsmöglichkeiten
mit Honorar
ohne Honorar
Seminare
Messekalender
Impressum


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HALL OF FAME:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)

Die "Hall of Fame" zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest.
Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst -
dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen
können.

Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!)
nach diesem Schema:

.......
AutorIn: "Titel", Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende
oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich
könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen
weitere Infos zu eurem Buch unterbringen.
.......
Ein Beispiel (!):

Johanna Ernst: "Der Fall der falschen Meldung", Hüstel Verlag 2009,
Mystery-Thriller. 60 Zeichen - und kein einziges mehr! Inklusive
Homepage!
.......

Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im
Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie
Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen.

ACHTUNG!
Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr
bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in
einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt
hat! Als Bezahlung gilt auch, wenn er Bücher kostenpflichtig abnehmen
muss, Lektorat bezahlt o. Ä.

Schickt eure Texte unter dem Betreff "Hall of Fame" an
redaktion at team pt autorenforum pt de.

Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen
Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten.
Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall
ist, werden ab sofort nicht mehr
verschickt!~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
~


Stephan R. Bellem: "Portal des Vergessens", Otherworld 2011, Urban
Fantasy. Wenn Traum und Wirklichkeit verschmelzen. www.srbellem.de

Sabine Leipert: "Geheimnummer - Kein Sex nach Plan". Fischer
Taschenbuch Verlag 2011, Romantische Komödie. Suche One-Night-Stand
für meinen Kerl! www.sabineleipert.de

Evelyn Barenbrügge: "Leeres Versprechen", edition doppelpunkt 2011,
historischer Roman. Ein hoffnungsvoller Aufbruch wird zur fatalen
Odyssee

Roy Francis Ley, "Die Legende von Trindad", FWZ-Verlag 2011, Gay
Mythologies & Legends. Fantasyroman über einen verfluchten Gott

Hubert Wiest: "Lomoco - die galaktischen Abenteuer eines himmelblauen
Haushaltsroboters", JAKO-O 2011, Hörbuch für Kinder. www.lomoco.de


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ECHO-SERVICE:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)

Liebe Autorenkollegen,

mein Name ist Karsten Heimer. Ich bin Softwareentwickler und
Hobbyautor und habe ein Programm entwickelt, welches den Autor beim
Schreiben seiner Bücher unterstützt. Das Programm heißt "Authors
Little Helper".

Ich habe bereits viel Zeit und Mühe in dieses Programm gesteckt, aber
um dieses Programm nun zur Vollendung zu bringen, brauche ich eure
Mithilfe. Ich suche Autoren, die das Programm testen und mir Feedback
geben. Nur dadurch kann das Programm reifen!

Die Software selber ist Freeware und läuft unter Windows ab der
Version XP (benötigt das .NET Framework 3.5).

Sämtliche Informationen zur Software und die Downloadmöglichkeit gibt
es hier: http://www.alh.karsten-heimer.de

Ich bedanke mich im Voraus und verbleibe mit kollegialem Gruß,

Karsten Heimer

++++++++++

Märchen-Schreibwerkstatt

Auf der Suche nach der Sprache und den Motiven, die uns bewegen.
Gruppe sucht neue Mitglieder. An jedem dritten Dienstag im Monat
findet um 17:00 die Märchen-Schreibwerkstatt in Berlin-Schöneberg
statt.

Kontakt: (0 30) 7 82 00 07, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.


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SCHREIB-KICK:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


Unser Schreib-Kick für den Februar, diesmal von Jennifer Schreiner:

Wichtige Orte

- Stelle zunächst eine Liste von Orten zusammen, die eine Bedeutung
für dich haben (dein Kinderzimmer, der Keller, ein Liebesnest,
Verstecke, gefürchtete oder geliebte Orte, die Disko etc.)
- Beschreibe eine für diesen Ort typische Begebenheit. Beziehe dabei
mit ein, was deine sämtlichen Sinne dort wahrnehmen konnten und welche
Gefühle dieser Ort bei dir auslöst.


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LESETIPPS:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)

http://www.bitterlemmer.net/wp/2010/05/27/die-geschichte-des-
sebastian-fitzek-der-uber-unerklarliche-phanomene-schreibt-und-nach-
ansicht-seines-verlegers-selber-eines-ist/: Die Geschichte des
Sebastian Fitzek, der über unerklärliche Phänomene schreibt und nach
Ansicht seines Verlegers selber eines ist.


http://www.buchreport.de/nachrichten/handel/handel_nachricht/datum/201
0/12/28/doppelte-spreizung.htm: Doppelte Spreizung. Im deutschen
Buchhandel sind die Ladengeschäfte zwar weiter mit gut 50 Prozent
Marktanteil wichtigster Vertriebsweg, verlieren aber im Kerngeschäft
an Umsatz, während der Online-Buchhandel weiter wächst, und das hat
Konsequenzen.


http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33884/1.html: Quantitative
Analyse der Buchkultur: Forscher nutzen statistische Methoden, um der
Informationsflut von Google Books Herr zu werden, und gelangen zu
spannenden Ergebnissen.


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LESERBRIEF:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


Soeben habe ich im Tempest die Ausführung über die Erstellung einer
eigenen Homepage gelesen.

Da ich (ich bin über 70) auch erst über den Umweg über meinen Provider
und dessen Hilfe bei jeder Änderung schließlich zu einer Homepage mit
Contest-Management-System und der von mir so geliebten Selbständigkeit
fand, helfen meine Erfahrungen vielleicht auch anderen:

Das Programm heißt www.npage.de; meine Seite www.theaderado.npage.de,
die umgeleitet wird auf www.theaderado.de. Es gibt da viele Rahmen-
Vorlagen zur Auswahl und eine selbst für Grufties wie mich wunderbare
Schritt-für-Schritt-Anleitung!

Dass ich es bislang nicht geschafft habe, Bilder hochzuladen, liegt
einzig und allein an meiner Ungeduld. Aber dafür habe gleich am Anfang
einen Link zu youtube, so dass mich jeder aus meinem letzten (dem
dritten) Buch vorlesen sehen kann.

Das Programm kostet nichts. Ich habe jedoch einmalig 20 Euro
überwiesen, um dauerhaft von Werbung verschont zu bleiben.

Eine Extra-Seite für E-Mails an mich vermeidet, dass ich meine E-Mail-
Anschrift anzeigen muss. Zudem gibt es eine Seite für Mitteilungen
meiner Besucher, die dann für alle sichtbar bleiben.

Auf jeden Fall kann ich Termine für Lesungen rasch selbst einstellen,
ohne auf die Hilfe und den guten Willen dienstbarer Geister angewiesen
zu sein.

Ich kann empfehlen, sich mal bei www.npage.de einzuklicken. Mich hat
es von jahrelanger Unzufriedenheit erlöst.

Mit freundlichen Grüßen
Thea Derado


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AUTORENWISSEN:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


"Biographien und Romane kästchenweise schreiben"
Jakob Anderhandt

Es hilft, es einmal auszubuchstabieren, wonach man Erzähltes auf
allgemeinster Ebene gliedert: nach Geschehnissen in Raum und Zeit, die
gebunden sind an die Perspektive einer Person. Gerade Biographien,
Serien- und Entwicklungsromane können aber eine so große Zahl solcher
Geschehnisse enthalten, dass ihr Aufbau von Anfang an genau geplant
werden muss, damit es später, bei der Niederschrift, nicht zu
Unklarheiten, fehlenden Bezügen, entstellenden Auslassungen oder zur
Schilderung von belanglosen Episoden kommt.


Struktur mit einem Tabellen-Kalkulationsprogramm

Mein jüngstes Buchprojekt, eine elfhundertseitige Biographie über den
deutschen Südseekaufmann Eduard Hernsheim, habe ich deswegen mit einem
Tabellen-Kalkulationsprogramm strukturiert. Natürlich gibt es für
solche Zwecke - gerade im Drehbuchbereich - auch speziell
zugeschnittene Software, es hat sich in meinem Fall aber gezeigt, dass
die Benutzung eines Programms wie Microsoft Excel oder OpenOffice Calc
flexibler ist und letztlich die besseren Ergebnisse liefert.

Also, wie funktioniert‚s? Ausgangspunkt ist ein leeres,
vorformatiertes Tabellenblatt mit etwa einem Dutzend Spalten der
folgenden Kategorien: Zeit ( "Tag", "Monat" und "Jahr"), Raum ("Ort"
und "Land"), Geschehnis (unterteilt in: "Ereignis" - die objektive
Seite - und: "Aussage" - die subjektive Seite -), Perspektive
("berichtende Person" und "involvierte Person(en)"), ferner eine
Gruppe von Spalten zur Verknüpfung ("laufende Nr.", "Nr. stützende
Aussage" und "Nr. konfligierende Aussage") und zuletzt eine Spalte,
die - in meinem Fall der Biographie - Auskunft über die verwendete
Quelle gibt ("Nr. Quelle" und "Seitenangabe Quelle").


Was die Tabelle alles leistet

Machen wir, um zu zeigen was eine solches Verfahren leistet, einen
großen Schritt nach vorn, und stellen wir uns die Tabelle bereits
randvoll mit Angaben vor, die das Rückgrat des späteren Buches bilden
sollen. Nachdem wir alle vorhandenen Spalten mit einem "Auto-Filter"
versehen haben, können wir unter den beschriebenen Parametern spielend
Bezüge herstellen und eine passende Erzählstrategie finden. Vielleicht
möchten wir das Buch an einem bestimmten Ort beginnen lassen
(Autofilter "Ort") und damit, was eine bestimmte Person dort erlebt
hat ("involvierte Person(en)"). Oder wir möchten an den Anfang
stellen, was eine Person über die Ereignisse an diesem Ort weiß
("berichtende Person"). Oder es steht am Beginn des ersten Kapitels
eine Beziehung zweier Personen, die vielleicht den roten Faden des
Buches bilden wird ("involvierte Person(en)", die Namen beider
Personen mithilfe der "und"- bzw. "oder"-Verknüpfung des "Auto-
Filters" eingeben).

Schon während dieser spielerischen Experimente werden sich dann
schnell Konflikte abzeichnen, die - oft für den Autor überraschend und
zusätzlich zu schon vorhandenen Ideen - Spannung in das Leben der
geschilderten Personen bringen können. Das regt vielleicht zu neuen
Einträgen an, einer Erweiterung der Tabelle, oder zu Verweisen unter
"konfligierende Aussage" / "stützende Aussage", die später bei der
Zusammenstellung von ersten längeren Einheiten helfen können. Fehlt
etwas? Oder ist das Material, das man für den gewählten Anfang bisher
zusammen hat, insgesamt zu dünn? Dann weiß man schon jetzt, dass man
hier entweder auffüllen muss oder sich besser für einen alternativen
Anfang entscheidet.


Die Schritt-für-Schritt-Gliederung

Ein zweiter großer Schritt nach vorn: Über die Hauptlinien des Buches
sind wir uns jetzt im Klaren, und es geht nun um eine Schritt-für-
Schritt-Gliederung in sich geschlossener Einheiten und um ihre
Stellung im Text. Dafür können wir entweder eine neue Spalte "Episode"
einfügen und die Inhalte der Tabelle thematisch sortieren oder gleich
in einer zweiten neuen Spalte "erzählte Nr." mit der Feingliederung
beginnen: Wie so oft im Leben fängt mit "1" alles an, und mittels der
Verwendung von Dezimalbrüchen ("1,0001", 1,0002") können wir später
auch leicht Einschübe vornehmen.

Ausgeführt wird die Feingliederung über die Sortierfunktion des
Programms, in der man die Spalte "erzählte Nr." an die erste Stelle
setzt und auf "OK" klickt - wonach bequemerweise all das Material, was
man noch nicht gegliedert hat, in der Tabelle ganz unten zu stehen
kommt. Um den Aufbau übersichtlich zu halten, sollte man diese
Funktion also lieber einmal zu oft als einmal zu selten benutzen.

Neue Ideen, Einfälle, Assoziationen, oder schon jetzt einen ganzen
Absatz im Kopf? Einfach an einer passenden Stelle eine Leerzeile
einfügen, hier alles hineinschreiben und der Zeile zuletzt entweder
thematisch über "Episode" oder genau definiert über "erzählte Nr."
eine Stelle in der Gliederung geben. Auf diese Art kann man auch die
Kapitel- und Zwischenüberschriften einfügen - und die anfängliche
Materialsammlung wandelt sich dann langsam, aber sicher zum soliden
"Drehbuch" fürs Buch.


Überblick in Sekundenschnelle

Zuletzt das, was ich für die größte Stärke des Verfahrens halte: Wir
sind jetzt schon mitten in der Niederschrift und wissen plötzlich
nicht mehr, wann die Person, von der wir gerade erzählen, am Ort "X"
gewesen ist (oder die Person "A" getroffen hat), was aber von
Bedeutung für die laufende Passage ist. Bei der Gliederung mit einem
Textverarbeitungsprogramm geht in diesen Fällen die große Suche los,
bei derjenigen im Tabellenkalkulationsprogramm haben wir die Antwort
in Sekunden: Filter "Ort" bzw. "Gegend" und Filter "involvierte
Person(en)" aktivieren (oder "involvierte Person(en)" mit beiden Namen
in der "und"-Verknüpfung) - schon sind wir zuverlässig wieder auf dem
Laufenden. Und darüber hinaus bekommen wir eine wichtige
Zusatzinformation: Alles, was über dem derzeitigen Gliederungspunkt
("erzählte Nr.") steht, weiß auch bereits der Leser, alles, was
unterhalb steht, weiß er noch nicht.

Eine der nützlichsten Varianten: Zur Abklärung der Stimmigkeit
brauchen wir nun noch schnell einen "tabellarischen Lebenslauf" der
fraglichen Person. Nichts ist leichter: Filter "involvierte
Person(en)" aktivieren und mit Filter "Jahr", "Monat" und "Tag" die
verschiedenen Einträge durchgehen. Und was hat "A" noch einmal über
die Person gesagt? Filter "berichtende Person" aktivieren ...


Für wen sich diese Methode besonders eignet

Zu allerletzt, man soll ja selbstkritisch sein, die Schwächen des
Konzepts: Vor allen Dingen lohnt es sich erst ab einer gewissen
Komplexität des Textes, zumal es dazu verführt, sich nicht mehr auf
das eigene Gedächtnis zu verlassen. Dann ist es, besonders anfangs,
für die meisten von uns sicher nicht gerade inspirierend, Ideen nicht
frei, sondern akribisch mit jeder Zusatzinformation nach Schema F
festzuhalten. Und deshalb ist das Verfahren wohl auch eines, das
besonders gut auf einen bestimmten Typ Autor passt, ironisch gesagt
eher den gewordenen Bastler als das geborene Genie.

Jedoch sollte man nicht vergessen, dass auch manches Genie später, um
des besseren Resultates willen, zum Bastler geworden ist. Oder, wie
Nietzsche sagte: Nur etwa zehn Prozent des Schreibens sind
Inspiration, der Rest bleibt Arbeit.

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Jakob Anderhandt, lebt als freier Schriftsteller und Übersetzer in
Sydney, Australien. Zahlreiche Veröffentlichungen. Die im Beitrag
genannte Biographie über Eduard Hernsheim erscheint voraussichtlich in
diesem Jahr.


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AUTORENWISSEN:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


"Wie finde ich die 'Science' für eine Science-Fiction-Story -
und wie veröffentliche ich die Story?"
von Sven Klöpping

Wer Filme wie "Brazil", "Inception" oder "Blade Runner" mag, hat sich
vielleicht schon mal gefragt, wie das wäre - einmal eine SF-Story zu
schreiben. Tipps zur "Science"-Seite einer solchen Story findet ihr
hier.


Die Technik macht den Unterschied!

Überlegt euch vorher ganz genau, welche neuartige Technologie ihr in
eurer Story beschreiben (und in eurem Plot verankern) wollt, bevor ihr
loslegt. Denn "Science Fiction" bedeutet ja nichts anderes als
"Wissenschaftsfiktion", also Literatur, die wissenschaftliche Themen
behandelt. Nichts enttäuscht den versierten Leser mehr als der
hundertste Aufguss bereits abgehandelter Themen, und nichts führt euch
weiter vom Ziel fort als eine gute Story, die aber auch in der
Gegenwart hätte spielen können.


Die Recherche

Ja toll, sagt ihr jetzt vielleicht, aber wie findet man in der
"Science" etwas Spannendes, das man auch gut als "Fiction" umsetzen
könnte? Nun, zum einen ist es generell sinnvoll, sich etwas näher mit
Wissenschaften im Allgemeinen zu beschäftigen - vielleicht auch mit
solchen, die nicht täglich in den Medien zu finden sind. Denn gerade
hier schlummern oft unentdeckte Wissensperlen, die vielleicht genau in
das Mosaik eures Plots hineinpassen.

Keine Angst, ihr müsst keine tausendseitigen Wälzer durchforsten, um
am Ende dann doch nicht fündig zu werden. Eine gut organisierte
Internetrecherche bringt häufig das gewünschte Ergebnis. Zum Beispiel
gibt es für jede Wissenschaft mindestens ein entsprechendes (Online-
)Magazin, das ihr entweder kostenlos herunterladen oder für ein
geringes Entgelt bestellen könnt. Bei der Auswahl könnt ihr entweder
auf gut Glück ein interessantes Wissensgebiet durchsuchen, im
Idealfall kennt ihr aber schon das Fachgebiet, um das es in eurer
Story geht.


Ein Beispiel

Sagen wir einmal, ihr habt noch keinen Plot, doch die Biotechnologie
hat es euch besonders angetan. Wie findet ihr nun einen passenden
Hintergrund, einen Inhalt für eure Geschichte? Denkt euch hierfür am
besten etwas möglichst Ungewöhnliches aus, spinnt ruhig mal ein
bisschen herum!

Zum Beispiel: Eine fremde Spezies hat immensen Bedarf an Chlorophyll
und schickt deshalb einerseits Kollaborateure zur Erde, welche die
Abholzung des Regenwaldes verhindern sollen, andererseits Pflanzer,
die mit neuartigen Technologien fremdartige Samen auf unseren Feldern
und sogar zwischen den Ritzen unserer Bordsteine aussäen sollen, um zu
testen, wie diese sich in unserer Atmosphäre entwickeln.

Welche (Bio-)Technologien sind hierfür Voraussetzung? Was müssen eure
Protagonisten (wie etwa Geheimdienstchefs, betroffene Bauern,
Journalisten etc.) unternehmen, um diese zu kontrollieren bzw. ihrer
habhaft zu werden und ihre individuellen Ziele zu erreichen (z. B.
Abwehr der Pflanzer, Beseitigung von Ernteschäden usw.)? Glaubt mir,
es gibt immer ein noch unbehandeltes Thema, und wenn ihr eben
unbedingt wieder mal etwas übers Beamen schreiben wollt, dann lasst
euch wenigstens etwas Originelles einfallen (obwohl es beim Beamen
zugegeben sehr schwierig ist) ...

Die obige Idee (Chlorophyll) habe ich mir übrigens innerhalb von
wenigen Sekunden ausgedacht und niedergeschrieben - eigentlich also
ganz simpel, oder? Ihr müsstet nur darauf achten, keine Plagiate schon
dutzendfach gesehener und gelesener Standardthemen zu verfassen, dann
seid ihr schon auf der richtigen Spur. Die Kenntnis von Klassikern der
SF empfiehlt sich, ein kompendienfüllendes Detailwissen ist aber keine
Voraussetzung.


Weitere Recherche-Tipps

Ein weiterer guter Tipp, wie man an eine gute Idee gelangen kann: das
DLR-Magazin. Ihr erhaltet es kostenlos auf http://www.dlr.de und
erfahrt dort Interessantes über neue Erfindungen und allgemeine
wissenschaftliche Themen. Auch hilfreich beim Finden eines geeigneten
Themas kann "Terracom" sein, ein kostenloses eFanzine, in dem
regelmäßig Wissenschafts-News publiziert werden (http://www.terracom-
online.net/).

Natürlich solltet ihr vorm Schreiben auch nicht ganz unerfahren in
Sachen Sciencefiction sein, also schon den einen oder anderen Asimov
oder Herbert (um nur zwei Beispiele zu nennen) gelesen haben und auch
eventuell einige Autoren jüngeren Geburtsdatums.


Und wer soll das alles lesen?

Zugegeben, in den Achtzigerjahren war es noch einfacher,
Sciencefiction an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Mittlerweile
existieren zwar durchaus einige hoffnungsvolle Projekte (erwähnt sei
u. a. der Wurdack-Verlag, der schon seit einigen Jahren durch seine
SF-Publikationen auf sich aufmerksam macht), aber der ganz große Boom
liegt im Bereich der fantastischen Literatur momentan wohl (noch) eher
auf Seiten der Fantasy als bei der SF.

Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf in den Sand zu stecken. Wer
mit SF-Storys das ganz große Geld verdienen will, ist in der deutschen
SF-Szene fehl am Platze, aber wer kritische Leser haben möchte, die
sich intensiv mit dem Geschriebenen auseinandersetzen und fachlich
kompetentes Feedback geben, ist hier durchaus an der richtigen
Adresse. Wenn ihr es einmal in eines der bekannteren deutschsprachigen
SF-Magazine geschafft habt (als Beispiele seien hier "Nova" und
"Exodus" genannt, es gibt natürlich noch viele weitere), werdet ihr
schon feststellen, dass eure Geschichten in dem richtigen Umfeld
veröffentlicht wurden. Feedback gibt es genug. Und seid nicht
gefrustet, wenn eure erste veröffentlichte Geschichte nicht gleich
alle zufrieden stellt - erstens ist das sowieso nicht möglich,
zweitens schreibt ihr ja, um euch weiterzuentwickeln, und da bietet
die SF-Szene auch ausreichend Gelegenheiten.

Wenn ihr schon erfahrene Schreiber und stilsicher seid, solltet ihr
euch nicht davor scheuen, eure (erste?) SF-Story einem der größeren
Magazine anzubieten (weitere Beispiele am Ende dieses Artikels). Wenn
ihr eurer Sache aber noch nicht so ganz sicher seid, bieten
verschiedene Internetforen und -seiten die Möglichkeit, eure Texte
einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren, ohne dass ihr gleich
in bekannte Fettnäpfchen tretet (beispielsweise
http://www.kurzgeschichten.de).

Ich selbst habe Ende der Neunziger angefangen, bei "Solar-X" zu
veröffentlichen, einem SF-Fanzine, das es heute gar nicht mehr gibt.
Immerhin hat es mich so weit gebracht, dass ich mittlerweile
regelmäßig in deutschen SF-Magazinen publiziere und meine
Übersetzungen auch schon in Übersee veröffentlichen konnte (z. B. in
den USA). Ich kann jedem SF-Schreiber nur empfehlen, sich eine eigene
Nische zu schaffen, etwas, wovon Leser begeistert sind und was man so
noch nicht gelesen hat. Dann schafft ihr es garantiert!


Wie war das jetzt?

1. Eine ungewöhnliche Technologie erfinden / verändern / adaptieren.
2. Diese möglichst intelligent in einen fesselnden Plot einbauen.
3. Eure ganz unverkennbare Duftmarke setzen (sei es nun durch Stil
oder Themenwahl).
4. Hoffen, dass die Leute euch verstehen.


Die wichtigsten Links

1. SF-Magazine

Nova: http://www.nova-sf.de
Exodus: http://www.exodusmagazin.de/
phantastisch!: http://www.phantastisch.net/index.htm
c‚t (das einzige Magazin, das für SF Geld bezahlt):
http://www.heise.de/ct
XUN: http://www.xun-online.de/
Ferne Welten: http://www.fernewelten.net/

2. SF-Verlage

Heyne: http://www.heyne.de
Wurdack: http://www.wurdackverlag.de/
p.machinery: http://blog.pmachinery.de/
Atlantis: http://www.atlantis-verlag.de/
otherworld: http://www.otherworld-
verlag.com/index.php?set_language=de&cccpage=buecher_main

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Sven Klöpping veröffentlicht deutsche und englische SF-Storys sowie
Lyrik in verschiedenen Magazinen (z. B. Nova, phantastisch!,
Internova, Aphelion) und natürlich Anthologien. Neuestes eigenes Buch:
"Menschgrenzen" (p.machinery). Homepage: http://www.svenklöpping.de


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SCHREIBKURS:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


"Was Sie von Monstern mit Reißverschluss lernen können, Teil 1"
von Stephan Waldscheidt


Dialoge

Aber wir wollen wissen, wieso die Dialoge von Skyline so wehtun. Unter
anderem, weil sie auf jedes Detail verzichten:

"Das ist Wahnsinn." - "Ich bleibe nicht hier, wenn diese Dinger da
draußen sind." - "Wir sollten auf Hilfe warten." So oder ähnlich
laufen die "Dialoge" ab. Ohne echten Bezug zu dem Chaos, das die
Außerirdischen draußen entfesseln. Oder zum Innenleben der Personen.
Die Dialoge entlarven die Leere der Geschichte und die Flachheit der
Charaktere, die man hier besser schlicht Figuren nennen sollte, denn
mehr als Figuren an den Fäden des Regisseurs sind sie nicht - und die
Fäden bemerkt man in jeder Einstellung.


Noch einmal: Klischees

Ein weiterer Grund für die misslungenen Dialoge: Außer Schreien - vor
Angst oder vor Schmerzen - entfahren den Figuren ausschließlich
Klischees. Warum sind Klischees schädlich? Weil Film oder Roman einen
Nachteil wettmachen müssen, den sie gegenüber dem Leben haben: Sie
erzählen bloß Erfundenes. Damit das weniger auffällt, bedient sich ein
Autor eines Kniffs: Er versucht, sein Werk lebendiger werden zu lassen
als das Leben selbst. Das erreicht er über Spezifika (Hainbuche statt
Baum) und möglichst konkrete Details (eine zu dunkel gebackene
Limonentorte mit dem Schriftzug 40 in Zuckerguss statt
Geburtstagstorte). Die Kunst besteht darin, zu erkennen, wann ein
Spezifikum oder ein konkretes Detail notwendig und effektvoller ist
als die allgemeine Bezeichnung.

Klischees leicht abzuwandeln, frischt manchen altbackenen Ausdruck
wieder auf. Dann und wann aber scheitert diese Abwandlung und wirkt
wie der klägliche Versuch, ein steinhartes Brötchen durch fünf Minuten
auf dem Toaster wieder knusprig zu kriegen. Ein Beispiel. In Skyline
brüllt der Hausverwalter, Oliver, bevor er das Alien in die Luft jagt,
einen vertraut klingenden Satz: "Vaya con Dios, du [*hier beliebige
Beleidigung einsetzen*]!" Na, hasta la vista, Baby, irgendjemand?


Offenkundige Fehler

Bleiben wir bei dieser Szene, in der einer der außerirdischen
Tentakelschwinger dran glauben muss. Oliver plant, das Biest in eine
Falle zu locken. Er weiß, er hat keine Chance mehr, und will
wenigstens noch einen der vielen Feinde mit ins Grab nehmen. (Auch das
ein Klischee, tausend Mal gesehen. Der Held wird zum Märtyrer. Wie
glaubhaft ist so etwas?) Dazu dreht er die Gasbrenner des Kochfelds
auf und wartet mit gezücktem Feuerzeug, dass das Alien durch die
Fensterfront in die Küche bricht. Das Alien kommt, die Fenster
zersplittern - doch das Feuerzeug funktioniert nicht. (Der einzige
halbwegs gelungene Witz dieses Films.) Nach einigem Geplänkel versucht
es Oliver noch einmal mit dem Feuerzeug.

Wobei wir bei der nächsten Gelegenheit wären, einen Film oder einen
Roman zu vernichten: mit offenkundigen Fehlern. Selbst wenn man
glauben möchte, dass die weite, offene Wohnküche sich in kurzer Zeit
ausreichend mit Gas gefüllt hat - nachdem der Außerirdische die
komplette Glasfront zerstört hat, hatte das Gas reichlich Zeit und
Raum, wieder zu entweichen. Dennoch explodiert alles, einschließlich
Feuerzeug, Alien und Oliver. (Erstaunlich, da der belastbare Oliver
doch kurz zuvor die Explosion einer Atombombe, die die Air Force ins
nur wenige Kilometer entfernte Alien-Raumschiff geschossen hat, mit
ansah, was jedoch keinerlei nachteilige Folgen für seine Augen oder
seine Gesundheit hatte.)

Solche massiven Fehler kosten den Autor seine Glaubwürdigkeit. Sie
reißen den Leser aus dem fiktionalen Traum, und er sagt sich: Wenn dem
Autor ein solch offenkundiger Patzer unterlaufen ist, wird es nicht
der einzige sein und bleiben. Die Folge: Für viele Leser oder
Zuschauer ist der Film oder der Roman an dieser Stelle zu Ende. Selbst
wenn sie ihn noch weiterlesen, weiteranschauen, werden sie das aus der
Distanz tun. Der fiktionale Traum ist für sie ausgeträumt.

Also, lieber ein bisschen mehr recherchieren als nachher zum Gespött
der Leser zu werden. Verlage mögen schlecht recherchierte Bücher
übrigens auch nicht. In vielem muss sich die Lektorin darauf
verlassen, dass ihr Autor seine Arbeit gemacht hat. Wenn dann die
Leser auf die Fehler aufmerksam machen, wird es mit dem nächsten Buch
beim selben Verlag womöglich schwieriger.


Unfreiwillige Komik

"Skyline" bietet noch weiteres Anschauungsmaterial für Autoren. Da
wäre etwa die unfreiwillige Komik. In einer Szene sind die Helden in
der Wohnung zusammengepfercht, Nervosität und Lagerkoller machen sich
breit. Die blonde Candice greift zur Zigarette. (Richtig, auch das ist
ein Klischee. Warum können nervöse Menschen nicht mal Gummibärchen
essen oder an den Zehennägeln ihrer Pudel kauen?) Wem die Qualmerei
gar nicht gefällt, ist Elaine, die, Sie erinnern sich, seit kurzem
schwanger ist. Also beschuldigt Elaine Candice der
Rücksichtslosigkeit. Wie könne sie angesichts des Kindes in ihrem
Bauch bloß rauchen! Draußen vor den Fenstern toben derweil die
Außerirdischen und zerlegen den Planeten. Aber der
Bundesgesundheitsminister warnt uns eben nur vorm Rauchen, nicht vor
Aliens. Selbst hartgesottene Monsterfreunde wie ich können spätestens
nach dieser Szene den Film trotz aller Anstrengungen nicht mehr
ernstnehmen.

Für Sie heißt das: Achten Sie darauf, wie Einzelheiten im Zusammenhang
Ihres gesamten Textes wirken. Und verlassen Sie sich dabei nicht nur
auf Ihr eigenes Urteil.


Subplots

Subplots sind dazu da, einen Film oder einen Roman tiefer,
eindringlicher, komplexer zu machen. Sie leisten das, indem sie den
Hauptplot spiegeln oder konterkarieren oder Alternativen aufzeigen.

Beim typischen Hollywood-Blockbuster sieht das oft so aus: Held will
Welt retten (Hauptplot), Tochter des Helden will ihr Kaninchen retten
(Subplot). In Skyline hat man selbst auf solche banalen Subplots
verzichtet. Fast. Einen haben die Autoren immerhin versucht:

Candice ist mit Terry zusammen, aber Terry betrügt sie mit seiner
Assistentin Denise. Candice findet das heraus. Das erzeugt Erwartung
beim Leser, Suspense. Man erwartet, dass der angedeutete Subplot die
Beziehungen zwischen den Figuren interessanter macht. Man hofft auf
Intrigen und Eifersüchteleien, die den Kampf ums Überleben weiter
erschweren. Auf schwierige Entscheidungen, zum Beispiel, ob Candice in
einer brenzligen Situation ihre Nebenbuhlerin umkommen lässt oder ob
sie ihr hilft. Vieles ist denkbar. Die Autoren aber kappen den
Subplot, indem sie Terry frühzeitig und kurz darauf auch Denise
sterben lassen.

Das Ergebnis: Der Zuschauer fühlt sich enttäuscht, wenn nicht
getäuscht. Die Szenen, die zum Subplot gehören, sind überflüssig
geworden. Der Film dümpelt weiter im flachen Wasser. Die Lektion für
uns Autoren: Wenn man schon einen Subplot beginnt, sollte man ihn auch
zu Ende führen. Besser, man verzichtet ganz darauf, als ihn so schnöde
abzuwürgen, wie in "Skyline" geschehen.


Angemessene "Belohnungen"

Im Finale werden Held und Heldin zum Raumschiff hochgezogen,
gemeinsam. Und was tun sie, die sie eben noch ums Überleben gekämpft
haben, halb tot sind vor Wunden und Schmerzen? Sie küssen sich, mitten
in der Luft. Dieser Kuss ist nicht nur unglaubwürdig, er wird auch
kitschig inszeniert.

Warum fühlt man sich als Zuschauer bei diesem Kuss nicht wohl? Weil er
erstens unglaubhaft ist und zweitens, trotz der Kämpfe der Helden,
unverdient wirkt. Zumal der Film da noch nicht zu Ende ist. Für Sie
heißt das: Sie dürfen Ihre Helden gerne mal belohnen, und das nicht
nur am Ende. Aber sehen Sie zu, dass diese Belohnungen verdient und
angemessen sind.


Nichts zurückhalten!

Das abstruse Ende zu verraten, erspare ich mir. Falls Sie sich den
Film zu Studienzwecken ja noch ansehen möchten. Eine schlechte
Nachricht für Filmliebhaber und eine gute für Autoren: Eine
Fortsetzung des Films ist schon in Arbeit.

Und sogar das hält noch eine Lektion für Sie bereit. Falls Ihr
Erstling der erste Roman einer Serie werden soll, so halten Sie nichts
für die kommenden Bücher zurück. Denn je mehr von den guten Sachen Sie
zur späteren Verwendung bunkern, desto unwahrscheinlicher ist es, dass
es überhaupt eine Serie geben wird. Geben Sie alles, was Sie haben.
Immer. Wenn Sie Glück haben, ist Ihr Bestes gerade gut genug.

**~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**

Stephan Waldscheidt, Schriftsteller und Autoren-Coach. Zuletzt
erschienen: Die kleine Göttin der Fruchtbarkeit, Kindler 2010 (als
Paul Mesa). Auf http://schriftzeit.de bloggt er werktäglich übers
Schreiben und Veröffentlichen von Romanen. Fragen, Kommentare,
Einwände willkommen.


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DVD-BESPRECHUNG:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


"Montségur Autorenforum:
Die Vorträge des Jahrestreffens 2010"
besprochen von Ramona und Thomas Roth-Berghofer


In deutschen Nachwuchs- und Profiautorenkreisen ist das von Andreas
Wilhelm 2005 ins Leben gerufene Montségur Autorenforum längst legendär
und eine DER Quellen in puncto Autorenwissen. Jetzt ist mit den
Vorträgen des Jahrestreffens 2010 die zweite DVD-Sammlung erschienen,
die auch Nicht-Montsegurlern einen Einblick in die informativen und
spannenden Expertenvorträge einschließlich der sehr interessanten
Podiumsdiskussion zum Thema "All Age" gewährt.

Besonders fasziniert haben uns die Vorträge der Drehbuch- und
Romanautorin Lisa-Marie Dickreiter und der Romanautorin und Ärztin Dr.
Melanie Metzenthin. Am Beispiel des Blockbusters "Avatar" zeigt Lisa-
Marie Dickreiter, dass ein Autor ganz ähnlich wie ein Schauspieler,
der bei "Avatar" vor der blauen Wand schauspielert, auf imaginäre
Reize reagieren muss, Reize, die er sich nur selbst geben kann. In
Dickreiters Vortrag erhält man Anregungen und Tipps, wie man sich mit
Hilfe von Schauspiel-Techniken in seine Figuren und seine Szenen
besser hineinversetzen kann, um diese noch realistischer auf den Leser
wirken zu lassen.

In Melanie Metzenthins Vortrag geht es dann im Hinblick auf die
Figurenentwicklung um die Frage, wie Persönlichkeiten überhaupt
entstehen. Wie können Umwelteinflüsse und genetische Veranlagung einen
Charakter prägen? Oder, anders ausgedrückt, was macht einen Narzisten
zum Narzisten oder einen Schizoiden zum Schizoiden? Warum eigenen sich
diese grundlegenden Psychoprofile so gut für das Entwickeln eines
Romancharakters? Warum übt ein Narzist wie Superman so eine große
Faszination auf uns aus? Oder der zwanghafte Typus einer Hermine
Granger in Harry Potter?

Mindestens ebenso spannend ist der Vortrag der Lektorin und
Ghostwriterin Andrea Lionne Hinz, in dem es um die Psychologie des
Schreibprozesses geht, um Ideenfindung, komplexes Problemlösen und
nicht zuletzt um den Writer-Flow und wie man in ihn hineinkommt.

Doch das Autorenleben besteht ja nicht nur aus dem Schreiben. Was tut
man zum Beispiel, wenn das Fernsehen kommt? Oder ein Zeitungs- oder
Radiointerview ansteht? Gibt es Kleidungstipps? Wie bereite ich mich
am besten auf einen Auftritt oder ein Interview vor? Darüber berichtet
der medienerfahrene Sachbuchautor Peter Wohlleben.

Im Vortrag des Beraters Fred Janssen von der Künstlersozialkasse (KSK)
erfährt man, welche Grundvoraussetzungen man für eine Mitgliedschaft
in der KSK erfüllen muss und welche Leistungen die KSK bietet. Wie
lange dauert die Prüfung eines Antrags auf Mitgliedschaft? Was
bedeutet es, aus KSK-Sicht Vollzeitautor zu sein? Was sollte ich als
Teilzeitautor mit Brotberuf über die Mitgliedschaft bei der KSK
wissen?

Die Podiumsdiskussion wirft diesmal einen kritischen Blick auf die
allgegenwärtige All-Age-Literatur. Woran liegt es, dass dieser
Buchbereich seit einigen Jahren dermaßen boomt? Mit von der Partie
sind hier Heike Brillmann-Ede (Lektorat Jugendbuch Thienemann), die
Autorinnen Brigitte Melzer und Ursula Poznanski und der Autor Ole
Johan Christiansen.

Ganz gleich, ob es euch nun um Schreibtechniken und -rituale geht, um
in den so genannten Flow zu kommen, ob ihr euch über den Umgang mit
den Medien, den Beitritt in die Künstlersozialkasse oder den Buchmarkt
und eure Chancen informieren wollt: Die Montsegur DVD-Box mit 6
Stunden Vortragsmaterial hält eine unglaubliche Fülle von Wissen für
euch bereit.

Noch ein wichtiger Hinweis: Da das Montségur Autorenforum eine
Privatinitiative ist, kann die Produktion der DVD-Box 2010 erst
kostendeckend finanziert werden, wenn mindestens 40 Bestellungen
eingegangen sind. Also bestellt fleißig!


Montségur Autorenforum: "Die Vorträge des Jahrestreffens 2010", 6
DVDs, 24,90 Euro + 3,50 Porto, bestellbar unter
http://www.montsegur.de/dvd


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INTERVIEW:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)

"Schreiben lernt man wie eine Sportart oder
ein Musikinstrument - durch Übung"
Interview mit Sylvia Englert


Gabi Neumayer: Liebe Sylvia, gerade ist dein Science-Fiction-Roman für
Jugendliche, "Ruf der Tiefe", unter deinem Pseudonym Katja Brandis bei
Beltz & Gelberg erschienen, und zwar als Spitzentitel. Was ist das
Besondere an dem Konzept zu der neuen SF-Reihe bei diesem Verlag?

Sylvia Englert: Beltz suchte Manuskripte, die in der nahen Zukunft
spielen, und zwar zu Themen, die psychologisch oder gesellschaftlich
interessant sind. Das klingt furchtbar schwammig, aber das war es zu
Anfang auch, und es dauerte eine Weile, bis den Mitarbeitern des
Verlages überhaupt selbst klar war, was für Romane sie machen wollten,
zumal sie mit Fantastik überhaupt keine Erfahrung hatten.

Für mich stand am Anfang des Projekts eine Mail des Beltz & Gelberg-
Verlags ... Die Lektorin hatte meinen Roman "Der Verrat der Feuer-
Gilde" gelesen, und da es ihr sehr gut gefallen hatte, wollte sie mal
anfragen, ob ich nicht mal etwas für sie hätte. Wir sprachen über ein
paar Projekte, und schließlich fragte sie mich, ob ich mir etwas zum
Thema Ozeane ausdenken könnte, gerne mit fantastischen Elementen und
in der nahen Zukunft spielend. Heraus kam das Exposé "Drei Tropfen im
Meer", an dem noch immer mein Herz hängt - hoffentlich wird irgendwann
mal ein Roman daraus. Doch von Beltz kam zurück, es sei zu viel
Fantasy drin, und im Grunde hätten sie für den Roman lieber einen
Naturwissenschaftler als Autor. Äh? Ja. Okay. Also nicht. Zur gleichen
Zeit blitzte auch der Biologe Hans-Peter Ziemek, den die Lektorin bei
einer Tagung angesprochen und um Ideen gebeten hatte, mit seinem
Exposé ab. Seine Geschichtenidee spielte im Jahr 2160, es ging um
Flüssigkeitsatmung, Hauptfiguren waren ein junger Taucher namens Leon
und eine Krake. Die Lektorin fand das Thema interessant, doch Exposé
und Probekapitel waren nicht ausgereift. Auch Hans-Peter bekam ein
Nein. Tja - wir beide schlossen uns zusammen und begannen, Idee und
Figuren zusammen zu entwickeln, das dauerte insgesamt ein Jahr. Heraus
gekommen ist ein Roman, in dem wahnsinnig viel Herzblut steckt, von
uns beiden.


GN: Worum geht es in dem Roman?

Im Flachwasser einer Hawaii-Insel wird im Jahr 2018 ein sehr
eigenartiges Wesen gesichtet - es versetzt Badende in Aufruhr und
bringt Wissenschaftler zum Staunen. Denn es handelt sich um einen Hai
aus der Tiefsee, der aus irgendeinem Grund an die Oberfläche gekommen
ist. Und in den nächsten Tagen tauchen immer mehr eigenartige Wesen
aus den Tiefen des Meeres an den Stränden auf∑

Zur der Zeit, als das geschieht, sucht der 16-jährige Leon Redway
gerade zusammen mit seiner intelligenten, genetisch manipulierten
Krake Lucy in tausend Meter Tiefe nach Manganknollen und -krusten -
einem immer wichtigeren Rohstoff der Zukunft, um den sich zurzeit die
großen Konzerne einen harten Wettbewerb liefern. Leon ist ein
hochgewachsener, linkischer Junge mit kurzgeschorenen schwarzen Haaren
und grünen Augen, er fühlt sich im Meer weitaus wohler als an Land.
Unter Wasser ist er in seinem Element und durch nichts aus der Ruhe zu
bringen. Er taucht schon, so lange er sich erinnern kann, und seit
seinem zwölften Lebensjahr wird er auf der Tiefseestation Benthos II
zum Flüssigkeitstaucher ausgebildet. Denn mit gewöhnlichen
Tauchtechniken können Menschen nicht in solche Tiefen vordringen. Das
Problem ist: Am besten lernen es Kinder, Flüssigkeit zu atmen, denn
jedes Baby macht das zumindest zeitweise im Mutterleib. Jugendliche
können es noch lernen, Erwachsene dagegen so gut wie nicht mehr.
Deshalb sind alle Flüssigkeitstaucher, auch Leons Kollegen, sehr jung.
Sie alle bekommen zu spüren, dass mit dem Meer gerade etwas nicht
stimmt; die Zwischenfälle häufen sich. Bei einem verbotenen Tauchgang
machen Leon und Lucy eine gefährliche Entdeckung, geraten in große
Schwierigkeiten und müssen fliehen. Ausgerechnet Carima, eine junge
Touristin von "oben", erweist sich als ihre einzige Verbündete. Carima
war zwei Tage lang zur Gast auf Benthos II, und durch sie wurde Leon
klar, dass er für gewöhnliche Leute eigentlich ein Freak ist, dass er
das normale Leben überhaupt nicht kennt. Trotzdem konnten die beiden
einander nicht vergessen, und das ist jetzt seine letzte Chance.
So, mehr verrate ich aber nicht!


GN: Du bist gelernte Journalistin und Lektorin, Autorin von
Jugendromanen und -Kindersachbüchern, von Fantasy auch für Erwachsene,
hast Sachbücher übers Schreiben und Veröffentlichen gemacht ...
Tatsächlich begegnen wir uns ja immerzu bei denselben Reihen in
denselben Verlagen. Wie hat sich das alles entwickelt, welche Schritte
bist du gegangen?

SE: Als Autorin Fuß zu fassen dauert Jahre, zu Anfang muss man sich um
Aufträge bemühen, und irgendwann läuft es dann endlich von selbst und
man bekommt mit etwas Glück mehr Anfragen, als man annehmen kann. In
dieser Phase bin ich gerade, und es fühlt sich richtig gut an. Dass
ich so viele verschiedene Bücher schreibe, liegt daran, dass ich viele
Interessen habe und immer Lust hatte, etwas Neues auszuprobieren.

Am leichtesten fallen mir Jugendromane, die schreibe ich mit großem
Vergnügen schon seit meiner eigenen Teenagerzeit. Aber ich habe es
auch sehr genossen, mich mit "Nachtlilien" (bei Piper erschienen) mal
im Erwachsenenroman auszutoben. Bilderbücher zu schreiben - was ich
wegen meines kleinen Sohnes angefangen habe - musste ich erst lernen,
es geht zwar viel schneller als das Romaneschreiben, ist aber
keineswegs leichter! Und Kindersachbücher sind das härteste überhaupt.
Ich musste für die "Frag doch mal die Maus"-Reihe schon Dinge wie
Osmose, Schwarze Löcher und die Evolution so erklären, dass es ein
Fünfjähriger versteht. Das heißt, ohne jede Fremdwörter. Und mit nur
zweitausend Zeichen Platz. Da habe ich mir oft buchstäblich die Haare
gerauft und mich gefragt, warum ich mir das antue. Heute brauche ich
mir nur die wunderbaren fertigen Bücher aus meinem Regal zu nehmen,
und ich weiß wieder, wieso. Mein Sohn liebt die "Mausbücher" sehr und
ist sehr stolz, dass ich so viele davon geschrieben habe.

Dass meine ersten veröffentlichten Bücher Sachbücher für Erwachsene
waren, lag übrigens daran, dass ich ein Volontariat beim Sachbuch-
Verlag Campus gemacht habe und dort schon bald auch als Autorin
eingestiegen bin. Sachbuch ist für mich aber eher "Job", Roman eher
Vergnügen.


GN: Wann hast du mit dem Schreiben angefangen? Und wie kamst du dazu?

SE: Das ist eine Geschichte, die ich auch gerne auf Lesungen erzähle.
Ich lag gerade in einem Zelt in Holland, und es regnete. Ich hatte
nichts mehr zu lesen, was für einen Lesejunkie wie mich ganz furchtbar
war, und ich langweilte mich furchtbar. Zum Glück fand sich in meinem
Gepäck noch ein Stift und ein Schreibblock. Also dachte ich mir selbst
eine Geschichte aus und kritzelte sie in den Block. Dann gab ich sie
meiner Schwester, die im gleichen Zelt lag, und zum Glück meinte die,
ihr gefalle die Story. Also habe ich weitergemacht, natürlich auch,
weil es unheimlichen Spaß machte. Mit 13 hatte ich dann meinen ersten
dicken Roman fertig, viele weitere folgten (und sammeln heute Staub in
der Schublade).

Ich weiß heute, dass diese allererste Geschichte aus dem Zelt
grauenhaft schlecht war, aber das ist ja egal, irgendwie muss man ja
anfangen. Veröffentlichungsreif geschrieben habe ich erst nach etwa
zehn Jahren. Schreiben lernt man eben wie eine Sportart oder ein
Musikinstrument - durch Übung.


GN: Wie viel Zeit verwendest du aufs Schreiben? Hast du feste Zeiten
dafür, Rituale, Arbeitspläne? Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei
dir aus?

SE: Morgens freue ich mich schon auf die Arbeit. Nachdem ich meinen
Sohn zum Kindergarten gebracht habe, kann ich so gegen halb neun
endlich anfangen und in die Tasten hauen. Meist schaffe ich so ca.
fünf Buchseiten pro Tag; wenn es gut läuft, auch mehr. Um drei Uhr ist
jeden Tag Schluss, dann hole ich Robin wieder ab und muss Lego und
Monster spielen und so was. Abends kann ich selten schreiben, weil ich
nach einem harten Tag meist zu müde bin dafür, außerdem will mein Mann
ja auch mal wieder mit mir reden.

Okay, das war ein typischer Tag einer Schreibphase, die gewöhnlich
mehrere Monate dauert. In Recherchephasen lese ich den ganzen Tag,
schaue Dokus und gehe ins Museum. Auch eine nette Abwechslung. Und ein
Tag pro Woche geht drauf mit Routinekram wie Vorschautexte und
Rechnungen schreiben, Mails von Verlagen, meinem Agenten oder Lesern
antworten, Covervorschläge checken, Interviews geben und tausend
anderen Kleinigkeiten.

Jeden Tag mache ich mir eine To-Do-Liste, und ich setze mir
längerfristige Ziele, was ich wann geschafft haben möchte. Das muss
man besonders als Freiberufler tun, sonst verzettelt man sich
unendlich.


GN: Wie gehst du an einen Roman heran? Entwickelst du ein
ausführliches Exposé, und wenn ja: Wie sieht das aus? Und wie
arbeitest du, wenn du ein Sachbuch schreibst?

SE: Ich mache sehr detaillierte und lange Exposés, nicht nur weil der
Verlag sie von mir haben will, sondern weil sie auch als
Arbeitsvorlage sehr nützlich sind. Es geht doch nichts über eine von
Anfang an gründlich durchdachte Dramaturgie. Als ich diese Exposés
noch nicht in dieser Form gemacht habe, hatte ich öfter mal eine
Schreibblockade, die ausführliche Planung tut mir also wirklich gut.
Als Nächstes mache ich eine Liste, was ich alles recherchieren muss
und welche Figuren, Welten, Kulturen etc. ich entwickeln muss. Dann
wringe ich mein Gehirn aus, bis die Planung komplett ist. Klingt
einfach, oder? Ist es aber nicht. Ohne richtig gute Figuren, die für
mich lebendig geworden sind, geht nichts.

Irgendwann kommt dabei ein Punkt, an dem ich das neue Buch klar vor
mir sehe, es in seiner Gesamtheit spüre, und darauf brenne, in die
Tasten zu hauen. Dann muss ich den Text nur noch herunterschreiben,
weil er sozusagen schon in mir existiert. Beim Sachbuch ist es
ähnlich, nur dass noch mehr Recherche und Interviews anfallen. Ist die
Gliederung gut, ist das Buch schon halb "im Kasten".


GN: Eigene Texte zu überarbeiten, das fällt vielen besonders schwer.
Wie gehst du beim Überarbeiten vor? Hast du dafür einige Tipps für
angehende AutorInnen?

SE: Das Überarbeiten ist eine mühsame Geduld- und Fleißarbeit, die ich
nicht gerade liebe. So gehe ich vor: Ich schreibe das Manuskript und
bastele so lange daran, bis ich selbst zufrieden bin. Das heißt aber
noch längst nicht, dass es auch schon etwas taugt, was ich aber zu
diesem Zeitpunkt nicht mehr beurteilen kann, weil ich längst
"betriebsblind" geworden bin. Also ab damit zu den Testlesern, das
sind bei mir bis zu zehn Leute aus meinem Freundes- und
Bekanntenkreis, von denen ich ein schonungslos ehrliches Urteil und
viele an den Rand gekritzelte Kommentare erwarten kann. Die sind immer
sehr hilfreich, und bei meinem letzten Jugendroman habe ich aufgrund
der Testleser-Kritik die ersten beiden Kapitel ersatzlos gestrichen
und die nötigen Informationen in Rückblenden verlagert.

In einer auf diese Weise "aufgeräumten" Fassung gebe ich das neue Buch
dann an den Lektor bzw. die Lektorin, die dann wieder eigene Wünsche
und Anmerkungen hat, d. h., es folgt gleich die nächste Überarbeitung.
Das alles ist nervig, aber zu ertragen, wenn man an das fertige Buch
denkt, das sich ja Tausenden von kritischen Lesern stellen muss.

Sich Testleser zu suchen empfehle ich auch allen angehenden Autoren.
Am besten sind Leute, die selbst schreiben, die anderen sind oft nicht
kritisch genug. Es muss aber - ganz wichtig! - jemand sein, dem die
Texte, die man ihm gibt, grundsätzlich gefallen. Science-Fiction und
Fantasy mag zum Beispiel nicht jeder, man braucht Testleser, die dazu
einen Draht haben.


GN: Wie genau lief die Zusammenarbeit mit deiner Lektorin bei "Ruf der
Tiefe"?

SE: Julia Röhlig hat für dieses Projekt eine sehr wichtige Rolle
gespielt, weil sie mich und Hans-Peter zusammengebracht hat. Außerdem
hat sie sich von Anfang an für "Ruf der Tiefe" begeistert, das hat uns
natürlich sehr motiviert. Humorvoll und konstruktiv hat sie uns dabei
geholfen, das Buch noch besser zu machen. Eine Lektorin mit so viel
Textverstand und Storygefühl zu haben, die außerdem noch supernett
ist, das ist Gold wert. Wir wissen, was wir an Julia haben.


GN: Was macht deiner Meinung nach einen guten Autor / eine gute
Autorin aus?

SE: Das Wichtigste ist natürlich, dass jemand sich eine gute Story
ausdenken und sie auf eine Art aufschreiben kann, die LeserInnen
hineinzieht und nicht mehr loslässt. Aber das reicht leider noch
nicht. Ich kenne einige Leute, die viel Talent haben, aber es nicht
schaffen, ihr Buch fertigzuschreiben. Oder sie haben die Energie und
die Hartnäckigkeit nicht, das Manuskript wieder und wieder und wieder
zu überarbeiten ... und dann auch noch einen Verlag zu finden, was ja
allein schon Jahre dauern kann. Auch als Profi braucht man noch ein
solides Selbstvertrauen und eine hohe Leidensfähigkeit.


GN: Wie sind deine Erfahrungen mit LiteraturagentInnen? Wie läuft die
Zusammenarbeit, und welche Vorteile bringt eine Agentur?

SE: Ich hatte lange keine Agentur, inzwischen habe ich aber sogar
zwei, eine für meine Buchprojekte und Verträge und eine, die meine
Veranstaltungen koordiniert. Es ist im Kinder- und Jugendbuch leider
nicht so, dass ein Agent sehr viel mehr Honorar heraushandeln könnte.
Aber es spart mir Arbeit, einen Agenten zu haben, und das ist mir in
dieser Phase das Wichtigste. Mein Agent Gerd Rumler hat mich auch in
Phasen, wo auftragsmäßig nicht so viel lief, bei den Verlagen im
Gespräch gehalten, mich beraten und unterstützt. Er ist ein alter Hase
in diesem Geschäft und kennt jeden in dieser Branche, seinen Rat
schätze ich sehr. Außerdem hat er mir Aufträge beschafft, an die ich
sonst nicht herangekommen wäre, zum Beispiel im Kindersachbuch. Wir
mailen und telefonieren regelmäßig und treffen uns ein paarmal im
Jahr.

Früher habe ich auch Anfängern empfohlen, sich einen Agenten zu
suchen, aber davon bin ich inzwischen abgekommen, weil es so schwer
ist, einen guten zu finden. Es lohnt sich für Anfänger eigentlich nur,
wenn man ein wirklich gut verkäufliches Projekt zu bieten hat.
Ansonsten probiert man es besser direkt bei den Verlagen.


GN: Ein großes Thema für viele AutorInnen sind Lesungen, weil man dort
direkt an seiner Zielgruppe "dran ist", aber vor allem wohl, weil die
Lesungshonorare entscheidend zum Einkommen beitragen. Wie viele
Lesungen machst du? Und hast du einige Tipps für AnfängerInnen?

SE: Ich mache zurzeit etwa vierzig Lesungen im Jahr. Hin und wieder
unterwegs zu sein und live aufzutreten macht sehr viel Spaß, besonders
Kinder und Jugendliche sind ein tolles Publikum, und ich biete ihnen,
glaube ich, auch eine ganz gute Show. Aber zu viele Lesungen würden
mich auch wieder nerven, vor allem in Schreibphasen möchte ich einfach
nonstop in meiner Geschichte drinbleiben und nicht dauernd quer durch
die deutschsprachigen Länder gondeln. Deshalb sage ich inzwischen auch
manche Anfragen ab. Als Anfänger kann man sich das natürlich nicht
erlauben, früher habe ich mich auch ganz stark selbst um Termine
bemüht und natürlich umsonst gelesen (was man als Profi nicht mehr
machen sollte, außer man spendet eine Lesung).

Ich empfehle allen Einsteigern, persönliche Kontakte zu Veranstaltern
- zum Beispiel der Stadtbibliothek im Heimatort - aufzubauen und sich
Gedanken zu machen, in welchen thematischen Rahmen eine Lesung aus dem
eigenen Buch gut passen würde. Am besten, man schließt sich mit
anderen AutorInnen zusammen, dann kommen auch ein paar mehr Leute,
wenn jeder ein paar Freunde mitbringt.


GN: Welches Buch oder Magazin, welche Story liest du zurzeit? Was hat
dich von dem, was du in letzter Zeit gelesen hast, besonders
beeindruckt, und warum?

SE: Ich habe gerade die Autobiographie von Keith Richards
fertiggelesen und jetzt "Metro 2033" von Dmitri Glukhovksy angefangen,
das spielt in einer düsteren Zukunft, in der sich die Menschen ins
Moskauer U-Bahn-Netz zurückgezogen haben. Die Grundidee ist zwar
schön, der Stil ist aber nicht so meins. Außerdem finde ich es etwas
trashig, wenn die menschlichen Mutanten zwei Köpfe und drei Beine
haben - solche Mutationen sind völlig unglaubwürdig und fantasielos.
Begeistert haben mich dagegen die "Tribute von Panem" von Suzanne
Collins; diese knappe, lakonische Sprache, diese Art, Spannung
aufzubauen und zu halten, diese unerwarteten Wendungen ... der
Wahnsinn. Als Nächstes lese ich den neuen Band von "Bartimäus", auf
den freue ich mich auch schon, Bartimäus ist einfach eine geniale
Figur und Persönlichkeit.


GN: Wenn du einem angehenden Autor, einer Autorin nur einen Tipp geben
solltest - welcher wäre in deinen Augen der wichtigste?

SE: Schreib weiter, gib nicht auf!


GN: Ganz herzlichen Dank für das Interview!


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VERLAGSPORTRAIT:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)

Regenbogenkrimi-Verlag
DeKadenz
Helena Marion Scholz
Venloer Straße 855
50827 Köln
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
http://www.de-kadenz.de
Mobil: (01 77) 3 47 41 54


Verlagsgeschichte

Gründerinnen des Verlags sind Helena Marion Scholz und Diana Knezevic.
Frau Scholz ist Entertainerin, Moderatorin, Sängerin und Frau Knezevic
arbeitet als Autorin für Print und TV.

Der Anlass für die Verlagsgründung war das Buch "Bei Sport Mord". Es
musste pünktlich zu den Gay Games in Köln am 31. Juli 2010 erscheinen.
Im Februar 2010 wurde mit dem Projekt begonnen. Die Kontaktaufnahme zu
großen Verlagen hatte ergeben, dass sie den Veröffentlichungstermin
für absolut unrealisierbar hielten. Also gründeten die beiden Damen
den Regenbogenkrimi-Verlag und zeigten, dass man es auch in
dreieinhalb Monaten schaffen kann.

Der Titel sollte nicht bei Books on Demand in Druck gegeben werden.
Der Verlag wollte die größtmögliche Unabhängigkeit behalten. Dazu
braucht man eine gute Druckerei als Partner und viele Freunde, die
einem mit Grafik und Layout hilfreich zur Seite stehen. Die
Vertriebsstrukturen wurden dann gemeinsam geschaffen, und jetzt touren
die zwei Verlegerinnen mit dem Buch durchs Land und halten viele
Lesungen.


Programm und Philosophie

Der Verlag plant jetzt, mit Cora Frust als Titelheldin das zweite Buch
zu veröffentlichen, das "Mordswellen" heißen soll. Vor Ablauf des
Jahres 2011 ist allerdings nicht damit zu rechnen. Die Philosophie,
die hinter dem Verlag steckt, ist auf einen Nenner zu bringen: Scholz
und Knezevic möchten Literatur veröffentlichen, die es in der Form
noch nicht gegeben hat, und das impliziert Satire, Sex und Spannung in
einer oftmals absurd wirkenden Mischung, die fesselt und begeistert.


Welche AutorInnen wurden bisher verlegt?

Da es den Regenbogenkrimi-Verlag noch nicht so lange gibt, möchten
Scholz und Knezevic zunächst versuchen, sich mit eigenen Titeln auf
dem Markt zu etablieren, um dann langfristig Bücher mit ins Programm
aufzunehmen, die die Kriterien "Sex, Spaß und Spannung" - wie es Hella
von Sinnen auf den Punkt gebracht hat - beinhalten. Der
Regenbogenkrimi-Verlag glaubt, dass es viele gute AutorInnen gibt, die
keine Chance bei großen Verlagen erhalten, einfach, weil sie Newcomer
sind - und die Bereitschaft ist groß, diese Werke in Augenschein zu
nehmen und zu vermarkten.


AutorInnen gesucht?

Beim Verlag können sich gerne AutorInnen melden, die sich beim
Schreiben selbst über ihr Geschriebenes kaputt lachen. Das wäre ein
Kriterium.

Die Konditionen bemessen sich dann an Art und Umfang des eingereichten
Titels und sind individuell verhandelbar.


Was ist Ihnen besonders wichtig?

Wenn dem Verlag eines besonders wichtig ist, dann ist es Humor, und
wer keinen Humor besitzt, wird Schwierigkeiten haben, Cora Frust und
ihre unkonventionellen Ermittlungsmethoden zu verstehen. Das größte
Kompliment kam von der 77-jährigen Mutter einer Leserin, die nach der
Lektüre äußerte, sie hätte nun Angst, nach Köln zu reisen, wenn es
dort wirklich zuginge, wie im Buch beschrieben.


Zukunftspläne, Perspektiven

Viele Lesungen, viele spannende Kontakte, viel Inspiration sammeln und
weiter schreiben und veröffentlichen. Das sind die kurz- und
mittelfristigen Pläne des Regenbogenkrimi-Verlags.


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DES BÖSEN LEKTORS WÖRTERBUCH:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


Plot
Kreuzweg sowohl für den Protagonisten als auch für den Leser eines
Romans.

Pop-Autor
Lautmalerisch: Autor, der mit lautem Knall auftaucht und, wenn der
Rauch sich verzogen hat, verschwunden ist.

Pseudonym
Falscher Name, den sich der Autor zulegt, um sich wegen der Sexszenen
nicht vor seiner Mutter schämen zu müssen. Er schämt sich trotzdem.

Publikum
Amorphe Masse von Lesern, die zusammen einen schlechteren Geschmack
hat als die Elemente, aus denen sie sich zusammensetzt.

..........
aus: Dr. Honeyball Lektor / Stephan Waldscheidt (Hrsg.): "Zehn Gründe,
eine Schriftstellerin zu heiraten", Satire, 128 Seiten mit Abbildungen
und Cartoons. Mehr dazu: http://www.waldscheidt.de


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KÜSS MICH, ICH BIN EIN AUTOR!
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


"Na Schatz? Was machst du gerade?" fragte mich meine Frau gestern, als
ich am Computer saß.
"Ich arbeite gerade an meinen Figuren ...", erwiderte ich.
"Willst du nicht erst einmal an deiner eigenen Figur arbeiten?",
fragte sie und strich mir liebevoll mit der Hand über den Bauch.

(Pit Gutzmann)


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UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN:
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Bitte schickt den ExpertInnen nur Fragen zu ihrem Expertenthema -
keine Manuskripte zur Beurteilung.

Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst
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Drehbuch: Oliver Pautsch
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Fandom: Thomas Kohlschmidt
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Fantasy: Stefanie Bense
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Heftroman: Arndt Ellmer
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Historischer Roman: Titus Müller
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Kinder- und Jugendbuch: Michael Borlik
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Lesungen: Rüdiger Heins
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Lyrik: Martina Weber
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Sachbuch: Gabi Neumayer
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Schreibaus- und -fortbildung: Uli Rothfuss
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Schreibgruppen: Ute Hacker
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Schreibhandwerk: Ute Hacker
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Sciencefiction: Andreas Eschbach
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Übersetzung: Barbara Slawig
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Verlagswesen: Bjørn Jagnow
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Experten-Special:
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Bjørn Jagnow hat seine über 80 Fragen und Antworten zu den Themen
Urheberrecht, Verlagswesen und Vermarktung der letzten Jahre gesammelt
und in einem Buch zusammengefasst - thematisch sortiert und
aktualisiert:

Björn Jagnow: "Fragen und Antworten zu Urheberrecht, Verlagswesen und
Vermarktung", 2009, 188 Seiten, 10,00 Euro, Edition Octopus


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FRAG DIE EXPERTIN FÜR FANTASY:
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Stefanie Bense (fantasy at experte pt autorenforum pt de)

Frage:
Ich habe vor, einen eigenen Fantasy-Roman zu schreiben! Ich weiß, dass
es nicht sehr viele Jugendautoren gibt, die so jung sind wie ich, und
ich glaube, mein Schreibthema wird schon recht kompliziert sein. Es
geht auch teilweise um einen Krieg, und ich habe vor, es in mehreren
Bänden in die Länge zu ziehen. Ist das noch etwas zu schwierig für
mich? Und gibt es auch Jugendautoren mit beliebten Romanen?


Antwort:
Zunächst einmal: Ich finde es toll, wenn du Romane schreiben möchtest!
Lass dir bloß nicht erzählen, du seist zu jung (oder zu alt oder zu
dick oder zu dünn) dazu! Es gibt schlichtweg kein "richtiges" Alter,
um mit dem Schreiben anzufangen. Wie bei jeder Kunst.

Mit dem Veröffentlichen ist das anders. Wenn du ein Manuskript
verkaufst, musst du geschäftsfähig sein (d. h. mindestens 18 Jahre)
oder deine Eltern müssen für dich den Vertrag eingehen. Da sind
Verlage sehr vorsichtig. Aber wozu gleich an das Verkaufen denken?
Lass dir unbedingt Zeit, zu lernen und zu schreiben!

Ich darf aber nicht verschweigen, dass du neben vielen Vorteilen auch
Nachteile haben wirst, was dein Alter angeht.

- Vorteile: unverstellter Blick, frisch in Sprache und Ansichten,
entdeckerfreudig, jede Menge Zeit, um etwas einfach auszuprobieren ...
- Nachteile: Es fehlt die Erfahrung (d. h., du wirst für die
handwerkliche Arbeit einfach länger benötigen), vielleicht brauchst du
noch mehr Wortschatz (lässt sich ja nachschlagen, ist aber mit Arbeit
verbunden), du wirst Zusammenhänge erst noch erkunden müssen ...

Aber das sollte dich nicht abhalten! Hauptsache, fu möchtest nicht
deinen Roman in einem Monat schreiben! Nimm dir Zeit, probiere viel
aus, sammle, und schreib viel Material.

Bedenke, für einen Roman, insbesondere für mehrere Bände, wirst du
Jahre benötigen. Das schreibt man nicht zwischendurch an ein paar
Wochenenden. Du wirst dich mit Recherche beschäftigen; dazu zählen die
Figuren (wer ist wer, wo kommt er her, wie ist sie aufgewachsen, was
will jede Figur, wo sind die Konflikte, was ist er / sie bereit zu
opfern ...?) und die Welt (wie funktioniert Magie, was muss man dafür
"zahlen", wie erleben exotische Wesen ihre Welt ...?) und die
Geographie (was passiert wo und warum da?) und ...

Du wirst dich mit Struktur beschäftigen: Wie baut man den Roman auf,
was am Anfang / in der Mitte / am Ende schreiben, wie Konflikte
steigern, wie Spannungsbögen verweben, wie den Klimax gestalten ...?
Du musst mit Dialog, Beschreibung, Erzählung umgehen lernen und mit
Sprache (was wirkt wie und warum spannend/langweilig, wie drückt man
Gefühle und Gedanken so aus, dass sie den Leser interessieren, welches
Wort passt wann ...?). Das Schwierigste jedoch wird sein, deine
Motivation, deinen Spaß und die Disziplin zu erhalten - es ist ein
Marathonlauf, kein Sprint.

Leider erzählst du zu wenig über deinen Roman, als dass ich abschätzen
könnte, ob du dir zu viel zumutest oder nicht (den ersten Marathon
läuft man sicher nicht aus dem Stand). Fantasy hat die Eigenart, dass
man etwas mehr tun muss, als Drachen oder Magier zu erfinden. Man muss
eine ganze, in sich logische (kohärente) Welt erschaffen. Dazu muss
eine Handlung kommen, die die Fantasy-Elemente so einbindet, dass sie
ohne die Elemente nicht mehr funktioniert. Und dann muss es auch noch
originell sein, d. h. keine Nacherzählung von Tolkiens "Herr der
Ringe" oder die x-te Version eines Zauberlehrlings à la Harry Potter.
Das ist nicht einfach. Unmöglich ist es aber auch nicht.

Es gibt unter den Romanen von Jungautoren/innen gute und schlechte
Beispiele. Zuletzt habe ich gelesen: Flavia Bujor "Das Orakel von
Oonagh", 2007. Sie ist gerade 13 gewesen, als sie das Buch schrieb.
Ich finde die veröffentlichte Endfassung (andere kenne ich nicht) sehr
plakativ, die Dialoge flach und die Motivationen der Figuren, etwas zu
tun (wie einen Ausritt zu unternehmen), nicht nachvollziehbar. Es ist
ein gutes Beispiel dafür, dass eine prima Idee hinter ihren
Möglichkeiten zurückbleibt. Meiner Meinung nach hätte man der Autorin
mehr Zeit gönnen müssen, sich selbst und die Idee auszutesten, zu
experimentieren und zu lernen. Dieses Buch zeigt aber auch, dass Bujor
mit viel Elan und Leidenschaft schreibt. Ich bin gespannt auf jene
Bücher, die sie in fünf, sechs Jahren schreiben wird.

Lies viel! Querbeet und viel Fantasy! Und zwar nicht nur zum
Vergnügen. Schau dir an, wie unterschiedliche Autoren eine Schlacht
beschreiben, wie sie Figuren miteinander reden lassen, wie Welten
aufgebaut und eingerissen werden, wie Götter und Magier handeln, wie
die Sprache klingt, was sich spannend liest ... Arbeite damit! Schreib
z. B. einen Ausschnitt von Dialogen oder Schlachtenbeschreibung ab,
schreib um, versuche, die Art, wie jemand das geschrieben hat, auf
deine Geschichte anzuwenden, schreibe absichtlich ähnlich und
absichtlich ganz anders.

Jede Menge Bücher findest du zum Thema Handwerk des Schreibens. Ich
kann hier nicht alles aufzählen, was ich für wichtig oder hilfreich
halte, und da ich deinen handwerklichen "Stand" nicht kenne, weiß ich
auch nicht, was für dich hilfreich wäre. Einen guten Rundumschlag zum
Romanschreiben bietet Louise Doughty "Ein Roman in einem Jahr", 2009.
Der Titel ist etwas großsprecherisch (was sie selbst zugibt). Doch sie
bietet in 52 Kapiteln 14-tägig wechselnd sinnvolle Übungen und
Hintergrundwissen an. Dazu gab es eine Webseite und Community:
http://www.ein-roman-in-einem-jahr.de.

Such dir eine Gruppe, die das Handwerk in den Vordergrund stellt, am
besten eine Gruppe, die an Prosa (nicht Lyrik) interessiert ist. Dort
kann man Texte vorstellen, erhält Kritik und kann verbessern und
wieder vorstellen. Man lernt an eigenen und fremden Texten, man lernt
durch "Tun" statt durch Theorie. Meide Gruppen, die nur lesen oder die
Texte gegenseitig nur loben. Da lernt man wenig.

Es existieren auch Online-Gruppen, z. B.
http://www.stifthelden.com/forum/ oder http://www.jungeautoren.de
oder, mit Fantasy-Einschlag, http://werde-
autor.forumo.de/homepage/team-site.html (diese Seiten sind nur
Beispiele, ich gebe kein Urteil darüber ab.)

Eine sehr gute Fortbildungsmöglichkeit, die jedoch Geld kostet, ist
das Literaturkursangebot bei der Bundesakademie für Kulturelle Bildung
in Wolfenbüttel: http://www.bundesakademie.de. Kostet etwas, bietet
aber auch unschätzbar viel! Besonders die aufeinander aufbauenden
Seminare "Erzählen". Bei allen Hilfen jedoch: Schreiben lernt man nur
durchs Schreiben!

Ich empfehle dir: 1. zu schreiben und zu lernen, was das Papier / der
Laptop hält, 2. eine handwerklich orientierte Gruppe zu suchen, mit
der du kurze Texte oder Textteile besprechen kannst, 3. nicht
aufzugeben.

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Stefanie Bense lebt und arbeitet in Emden, gibt Schreibkurse und führt
eine Roman-Werkstatt, http://www.romantisch.essdeh.de, veröffentlicht
sporadisch und schreibt an ihrem dritten Roman.


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FRAG DEN EXPERTEN FÜR KINDER- UND JUGENDBUCH:
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Michael Borlik (kinderbuch at experte pt autorenforum pt de)


Frage:
Ich habe eine Kinderkurzgeschichte verfasst. Die Geschichte umfasst
genau 14 DIN-A4-Seiten bei 1,5-zeiligem Abstand und ist sowohl zum
Vor- als auch Selbstlesen für Kinder zwischen 3 und 10 Jahren
geeignet. Meine Frage ist nun, ob es Verlage gibt, die bevorzugt
(Kinder-)Kurzgeschichten in ihr Programm aufnehmen. Falls ja, wie
bewerbe ich mich mit meinem Manuskript? Mit den vollständigen
Unterlagen oder per Exposé?


Antwort:
Bei Kinderbüchern gibt es eine klare Unterteilung: Es gibt
Vorlesebücher, Bücher für Leseanfänger ab 8 Jahre und das Kinderbuch
ab 10 Jahre. Wenn Sie Ihre Geschichte einem Verlag anbieten, müssen
Sie das Lesealter klar festlegen.

Bei vierzehn Seiten können Sie ruhig die gesamte Geschichte
einschicken, fügen Sie dem Schreiben trotzdem eine kurze Inhaltsangabe
hinzu. Wichtig ist, dass Sie sich zuvor genau darüber informieren, zu
welchem Verlag Ihre Geschichte passen könnte. Schauen sie sich dazu
einfach die Programme der Verlage an. Zum Beispiel auf deren Homepage.
Geschichten für Leseanfänger sind in der Regel kürzer, daher sollten
Sie nach einem Verlag suchen, der solche anbietet. Allerdings sind
Kurzgeschichten oft schwerer unterzubringen als ein Roman.
Nichtsdestotrotz gibt es Verlage, die Anthologien und Bücher für
Leseanfänger herausbringen, für die sie kürzere Geschichten suchen.

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Michael Borlik, 1975 geboren, ist freier Schriftsteller, der bereits
über 30 Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht hat. Mehr Infos zu
seinen Büchern unter http://www.borlik.de.


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FRAG DIE EXPERTIN FÜR SACHBUCH:
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Gabi Neumayer (sachbuch at experte pt autorenforum pt de)


Frage:
Zurzeit verfasse ich ein Buch bzw. E-Book. Darin werden viele
verschiedene Themen behandelt: [...]

Ich habe keine Expertise in diesen Themen, bin aber auch kein Laie.
Die Frage, die mich seit Beginn des Schreibens beschäftigt, ist, ob
ich mir Experten aus den verschiedenen Gebieten suche oder einen Co-
Autor, der mit mir die Themen recherchiert. Was wäre aus Ihrer Sicht
taktisch am klügsten bzw. was sind Ihre Erfahrungen dazu?


Antwort:
Da ist es nahezu unmöglich, einen guten Rat zu geben - denn es hängt
sehr viel, ja, fast alles von den beteiligten Personen ab.

Ich habe gute Erfahrungen mit zwei Co-AutorInnen gemacht. Entscheidend
war beide Male, so denke ich, dass wir uns vorher schon gut kannten -
und vor allem, dass wir von Anfang an (Konzeptphase) beide
gleichberechtigt und gleich intensiv an dem Projekt gearbeitet haben.
Außerdem war eine klare Aufgabenverteilung wichtig, ebenso wie interne
Abgabetermine, die wir ausgemacht haben, und ständige Rücksprache.

Weniger stressig dürfte in der Regel die Variante mit verschiedenen
AutorInnen sein - allerdings hast du dann vor allem die Rolle eines
Herausgebers, musst also im Wesentlichen koordinieren, weniger selbst
schreiben.

Aber es ist noch eine weitere Variante denkbar: Du kannst ExpertInnen
als Gastautoren, Tippgeber, Testleser etc. einbinden. Dazu findest du
Tipps in meiner Expertenantwort im Januar-Tempest 2011.

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Gabi Neumayers aktuelle Sachbuch-Veröffentlichung: "Frag doch mal die
Maus: Berühmte Entdecker" (cbj). Weitere Infos: http://www.bato-
schreibt.de.

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Veranstaltungen, Ausschreibungen, Publikationsmöglichkeiten, Messen
und Seminare findet ihr im zweiten Teil des Tempest, der mit
getrennter Mail kommt
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Einsendeformalien:
Einsendungen sind zu allen Rubriken von autorenforum.de - nach
Rücksprache - erwünscht. Das Urheberrecht verbleibt bei der Autorin
bzw. beim Autor.

Einsendungen bitte im RTF-Format und per E-Mail, und zwar an:
beitrag at team pt autorenforum pt de.

Fragen zu Einsendungen sollten ebenfalls an diese Adresse gerichtet
werden.

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Gabi Neumayer redaktion at team pt autorenforum pt de
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