The Tempest

Ausgabe 22-12 (20. Dezember 2020)

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Schreibkurs
       „10 Dinge über Dialoge, die Autoren wissen sollten – Teil 1“ 
      von Hans Peter Roentgen
   Autorenwissen
     „Krimischreiben mit Kindern – Ideen für eine Schreibwerkstatt“ 
     von Antje Tresp-Welte
   Impressum

EDITORIAL 

Liebe Autorinnen und Autoren,

auch im Lockdown kann man hoffnungsfroh in die Zukunft blicken; zumal der Impfstoff nun vor der Tür steht. Und im Sommer könnte dann die Zeit gekommen sein für eine Schreibwerkstatt. Und am besten bereitet man die jetzt schon vor. Antje Tresp-Welte hat uns im letzten Tempest ja schon eine Menge nützlicher Tipps für eine Märchen-und-Fantasy-Schreibwerkstatt mit Kindern gegeben. Heute lässt sie uns an ihren kreativen Ideen und praktischen Erfahrungen mit Krimiwerkstätten (ebenfalls mit Kindern) teilhaben.

Auch was Hans Peter Roentgen im Schreibkurs über Dialoge zu erzählen hat, lässt sich sofort praktisch umsetzen. Er schöpft dabei aus vielen Jahren Erfahrung als Lektor und lässt uns an seinen Erkenntnissen teilhaben.

Ramona Roth-Berghofer bringt uns auf den neuesten Stand AutorInnen-relevanter Inhalte im Internet, einige Online-Seminare laufen an, und in Teil 2 des Tempest werden auch optimistisch bereits Präsenzseminare für den Sommer 2021 angekündigt. (Wer diesen Teil noch nicht abonniert hat, sollte das also schnell nachholen!)

Der klassische Tipp des Monats, diesmal von Stephen King:

Wer keine Zeit zum Lesen hat, hat auch keine Zeit zum Schreiben.

Euch allen schöne Feiertage, bleibt gesund - und denkt bitte daran, euren Tempest mit einem finanziellen Beitrag zu unterstützen. Wir sind mehr denn je darauf angewiesen. Kommt gut in ein hoffentlich besseres neues Jahr!

  Gabi Neumayer
  Chefredakteurin

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Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt, aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto:

     Jürgen Schloßmacher
     Kreissparkasse Köln
     BIC: COKSDE33XXX 
     IBAN: DE23 3705 0299 1142 1761 63
     Stichwort: „Beitrag Tempest“

Ihr könnt auch über unsere Website direkt per Paypal überweisen!

Und wer nicht überweisen möchte, kann uns den Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des Tempest). 


ISSN 1439-4669 Copyright 2020 autorenforum.de. Copyright- und Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe


INHALT DIESER AUSGABE

TEIL 1

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Schreibkurs
       „10 Dinge über Dialoge, die Autoren wissen sollten – Teil 1“ 
      von Hans Peter Roentgen
   Autorenwissen
     „Krimischreiben mit Kindern – Ideen für eine Schreibwerkstatt“ 
     von Antje Tresp-Welte
   Impressum


TEIL 2 (in separater E-Mail, falls ebenfalls abonniert)

   Veranstaltungen
   Ausschreibungen
   Publikationsmöglichkeiten
     mit Honorar
     ohne Honorar
   Seminare
   Messekalender


HALL OF FAME (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.


Die „Hall of Fame“ zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest. Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst - dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen können.

Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!) nach diesem Schema:

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AutorIn: „Titel“, Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen weitere Infos zu eurem Buch unterbringen, zum Beispiel eine Homepage-Adresse.

.......

Ein Beispiel (!):

Johanna Ernst: „Der Fall der falschen Meldung“, Hüstel Verlag 2015, Mystery-Thriller. Dann noch 60 Zeichen - und keins mehr! Inklusive Homepage!

.......

Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen. 

ACHTUNG!

Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt hat! Als Bezahlung gilt auch, wenn er Bücher kostenpflichtig abnehmen muss, Lektorat bezahlt o. Ä.

Schickt eure Texte unter dem Betreff „Hall of Fame“ an dDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten. Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall ist, werden ab sofort nicht mehr verschickt! 


A. Marschall: „Tage voller Weihnachtszauber“, 2020, Lübbe, Roman. Altrocker wird gg. seinen Willen Weihnachtsmann, himmlisch!

Martina Bilke: „Auf einem Baum der Kuckuck“, Jeff Klotz Verlagshaus 2020, Roman. Roman einer von NS-Vergangenheit belasteten Familie


NEUES AUS DER BUCHSZENE (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


Wir leben in turbulenten Zeiten, die Buchbranche ist in Bewegung wie nie zuvor. Ob es nun um neue Vertragsbedingungen mit Amazon geht, die zunehmende Digitalisierung des Marktes oder all die neuen Chancen und Möglichkeiten, die sich Verlagsautoren und professionellen Selfpublishern bieten: Eine Nachricht jagt die nächste. Damit ihr den Überblick behaltet und nichts Wichtiges verpasst, fassen wir hier alle interessanten Links zusammen, die uns jeden Monat ins Auge fallen - natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.


Interview 


Montségur Videokanal: Interviews mit Autorinnen und Autoren, Branchenprofis, Diskussionen und mehr.

Kleinteiliges Online-Geschäft. Interview mit Umbreit-Chef Clemens Birk.

Buchhandlung Ute Hentschel: „So einen Umsatz hatte ich noch nie.“


Buchhandel / Börsenverein 


Lieferverzögerungen bei KNV Zeitfracht und Libri.

Libri erweitert E-Book-Katalog auf rund 2,7 Millionen digitale Bücher.

Konzentration im Buchmarkt: Der Irrtum der Großen.

Unabhängiger Buchhandel: Die Marken vor Ort.

Thalia und sein Weg in Richtung Monopol.

Harter Lockdown. Nach Berlin kündigen nun auch Sachsen-Anhalt und Brandenburg an, die Buchhandlungen offen zu lassen.

Buchhandel steckt Lockdown deutlich besser weg als der restliche Einzelhandel.

GfK-Studie: Kaufkraft der Deutschen wird sich im kommenden Jahr erholen.


Verlage


Der Kein & Aber Verlag hat im Zürcher Hauptbahnhof ein Lichterspektakel mit Romanfiguren ins Lebensgröße inszeniert.

Oetinger ordnet den Außendienst Buchhandel neu.

Bertelsmann kauft US-Verlag Simon & Schuster.


Kultur / Politik / Literaturszene


EU will Tech-Konzerne regulieren.

https://www.boersenblatt.net/news/thilo-schmids-high-five-158115

Kehlmann, Köhler und Schätzing neue Mitglieder des PEN-Zentrums Deutschland.


Preise / Auszeichnungen 


Förderpreis Komische Literatur für Lukas Linder.

Der britische Essayist Johny Pitts erhält für sein Buch „Afropäisch“ den Leipziger Buchpreis.

Preis der Leipziger Buchmesse. 389 Kandidaten im Rennen.

Paul-Maar-Preis für junge Talente 2021.

Die schönsten Buchtrailer für den Deutschen Buchtrailer Award 2020 gesucht. 


Veranstaltungen / Messen


Frankfurter Buchmesse: Der Wunsch nach Begegnung.

Frankfurter Buchmesse: Planung für 2021 läuft.

Frankfurter Buchmesse schließt New Yorker Büro.


Podcast


André Hille über das Schreiben und „Das Rauschen der Nacht“.


International


US-Verlage mit moderatem Minus.

After a Hard Year, Kickstarter Bounces Back.

New Yorker Antiquariatsmesse verschoben.


 SCHREIBKURS (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


„10 Dinge über Dialoge, die Autoren wissen sollten – Teil 1“

von Hans Peter Roentgen

Dialoge können fesseln, aber auch langweilig sein. Hier finden Sie 12 Tipps, wie Sie spannende Dialoge schreiben können.

 
1. Ein Dialog ist ein Ping-Pong Spiel

Sie kennen Ping-Pong, auch Tischtennis genannt? Der Ball fliegt zwischen den Spielern hin und her, und je besser die Spieler, desto schneller der Ballwechsel.

So funktioniert auch ein guter Dialog. Die Sätze fliegen zwischen den Kontrahenten hin und her. Unnötige Erklärungen, langatmiges Formulieren führen dazu, dass der Dialog im Aus landet, sprich: Er wird nicht mehr gelesen.

Halten Sie sich das Ping-Pong-Spiel immer vor Augen, wenn Sie einen Dialog schreiben oder korrigieren. Sehen sie sich gute Dialogszenen im Film an, und lesen Sie solche.

 

2. Kurze Sätze, keine komplexe Grammatik

Es gibt Langweiler, die endlos reden. Aber wen interessiert das, was sie sagen? Spannende Dialoge haben kurze Sätze, kaum Nebensätze, meist nur Hauptsätze. Auch in der Realität spricht kaum jemand wie Thomas Mann. Es sei denn, es handelt sich um einen Philosophieprofessor, der seine Zuhörer langweilt.

Besser sind die Schmetterbälle, schnell hin und her, und beide Spieler wollen gewinnen. Auch im Dialog wollen die Sprecher gewinnen. Mit langsamen, hoch geschlagenen Bällen geht das nicht.

 

3. Konflikt, kein Small Talk

Small Talk ist im wahren Leben ungeheuer wichtig. Man versichert sich, dass man auf der gleichen Wellenlänge liegt, dass man sich schätzt, dass man höflich ist. Im Roman geht es jedoch nicht um Höflichkeit und auch nicht um politische Korrektheit.
 
„Guten Tag!“
„Hallo!“
„Wie geht es dir?“
„Gut. Und dir?“
„Auch gut. Weißt du schon, die Corona-Infektionszahlen sind schon wieder gestiegen.“
„Ja, habe ich gerade gelesen. Finde ich furchtbar. Und du?“
„Schrecklich.“
 
Damit gewinnt man keine Leser und kein Ping-Pong-Spiel. Was unterscheidet die Ziele, die Weltsicht der Sprecher? Das liefert Ihnen die Chance, gute Matchbälle zu schlagen.
 
„Die Coronazahlen sind ...“
„Du mit deinen Coronazahlen! Die sollten Corona einfach laufen lassen.“
„Und deine Oma soll dran sterben?“
„Die ist sowieso schon halb tot und überlebt das Jahr nicht!“
 
Nicht gerade angenehme Zeitgenossen, die hier sprechen. Aber angenehme Zeitgenossen machen keinen spannenden Roman. Warum sonst werden die Krimis mit fiesen Mördern haufenweise gelesen?
 

4. Jeder spricht anders

Jeder hat eine Herkunft, eine andere Ausbildung, individuelle Ziele und Wünsche. Und jeder Sprecher hat dementsprechend eine unverwechselbare Sprache. Beim BKA analysiert man Erpresserbriefe und andere Texte, um sie anhand der Sprache zuzuordnen. Mittlerweile gibt es eigene Sprachprofiler dafür.

Ein bedächtiger Mensch spricht anders als ein Draufgänger, ein Hauptschüler anders als ein Uni-Absolvent, ein Bayer anders als ein Uckermärker. Nutzen Sie das. Lassen Sie nicht alle in Ihrem Tonfall sprechen, dem Tonfall der Autorin. Verwandeln Sie sich in die Dialogpartner. Was sind das für Menschen? Wie würden sie reden? Schüchtern drum herumreden? Direkt und knapp?
 

5. Zwischen den Zeilen findet sich das Wesentliche


„Was für ein Mann ist Kapitän Renault?“, fragt die junge Bulgarin in Casablanca.
„Wie jeder Mann, nur etwas mehr“, antwortet Rick.
 
Das, was wichtig ist, wird hier nicht mit Worten gesagt, sondern ergibt sich aus dem Kontext. Er ist ständig hinter Frauen her, steht zwischen den Zeilen. Ein Schürzenjäger. Aber davon findet sich kein Wort im Text. Vieles im Dialog wird nicht ausgesprochen. Und dadurch wirkt es viel eindrücklicher. „Kapitän Renault ist ein Schürzenjäger und denkt immer an Sex“, das wäre sehr viel weniger spannend.

„Du bist nicht Gott.“
„An irgend jemand muss man sich doch ein Beispiel nehmen.“
 
Dieser Dialog aus einem Woody-Allen-Film sagt auch nicht direkt mit Worten, was gemeint ist. Der eine wirft dem anderen vor, dass er sich für unfehlbar hält, und der andere kontert. Vergleichen Sie das einmal mit dem folgenden Dialog:
 
„Du glaubst, du weißt alles besser. Mich nervt das immer, da kriege ich ein schlechtes Gefühl, wenn du mich ständig korrigierst.“
„Da irrst du dich, ich will dich nicht korrigieren, ich weiß, dass man das im Gespräch nicht tun soll, und beherzige diese Erkenntnis.“
 
Was würden Ihre Dialogsprecher auf gar keinen Fall direkt sagen? Und wie würden sie es umschreiben?

 

6. Sparsam mit Körpersprache umgehen

Gerne werden im Dialog Aktionen der Sprecher beschrieben, um den Dialog zu unterstreichen, und um Dinge anzuzeigen, die nicht im Dialogtext stehen. Das kann sehr wirkungsvoll sein, aber Sie sollten es mit Vorsicht einsetzen. Viel hilft auch hier nicht viel, weniger ist oft mehr.

Die Körpersprache sollte auch wirklich Bedeutung haben. Wenn sich der Sprecher zehnmal über die Glatze streicht, verpufft die Wirkung, und es bremst das Tempo.
 
„Das geht schief.“ Der Finanzcontroller kratzte sich an der Nase.
„Wir haben dafür keine Kapazitäten“, sagte der Personalleiter und strich sich über die Glatze.
„Das Programm funktioniert noch nicht einwandfrei.“ Der Entwicklungschef fuhr sich übers Haar.
„Wir führen es morgen auf der Messe vor“, bestimmte der Direktor und schaute ernst in die Runde.
 
Gerade das In-die-Runde-Schauen ist sehr beliebt, sagt aber wenig aus. Wählen Sie eine aussagekräftigere Körpersprache.
 
„Das geht schief.“ Der Finanzcontroller knackte mit den Knöcheln.
„Verdammt noch mal, wir haben dafür keine Kapazitäten!“, sagte der Personalleiter.
„Das Programm hat mehr Fehler als ein Straßenköter Flöhe“, sagte der Entwicklungsleiter.
Der Direktor nahm seine Brille ab und faltete sie sorgfältig auf dem Tisch zusammen. „Wir führen es morgen auf der Messe vor“, bestimmte er.
 
Jetzt sind es nur noch zwei körpersprachliche Elemente, die dafür aber eindeutiger sind. Und ein Teil dessen, was im ersten Beispiel über Körpersprache ausgedrückt wird, steht jetzt im Dialogtext. Dass der Personalleiter und der Entwicklungschef gar nicht glücklich sind, ergibt sich aus dem, was sie sagen, da benötigt man keine Körpersprache. Und dass der Boss die Brille abnimmt und auf den Tisch legt, zeigt deutlich, dass das sein letztes Wort ist.
 

7. „Sagte sie, sagte er“ - das reicht

Im Dialog wird oft der Sprecher genannt (sagte der Vater, rief der Bulle), in der Fachsprache heißen diese Hinweise „Inquits“.  Das sind formelhafte Elemente, um den Sprecher zu bezeichnen. Leserinnen nehmen sie als Formeln wahr, die festlegen, wer spricht. Deshalb müssen Sie sich nicht mühsam Synonyme suchen (flüsterte er, wisperte sie, antwortete er, grollte sie).

Sie können auch in einem langen Dialog bei „sagte sie / er“ bleiben. Weil das Formeln sind, stört die Wiederholung hier nicht.


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Hans Peter Roentgen ist Autor der Bücher „Vier Seiten für ein Halleluja“ über Romananfänge, „Drei Seiten für ein Exposé“, „Schreiben ist nichts für Feiglinge“, „Klappentext, Pitch und weiteres Getier“ und „Was dem Lektorat auffällt“. Außerdem hält er Schreibkurse und lektoriert.  


AUTORENWISSEN (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


„Krimischreiben mit Kindern – Ideen für eine Schreibwerkstatt“

von Antje Tresp-Welte
 
Im letzten Tempest-Newsletter habe ich dargestellt, wie ich eine Märchen– und Fantasiegeschichten-Schreibwerkstatt geplant und durchgeführt habe. Jetzt wird es etwas sachlicher, denn beim Krimischreiben dreht sich vieles um knallharte Fakten: Bei der Entschlüsselung eines rätselhaften Kriminalfalls will ein Detektiv oder Kriminalkommissar den Täter herausfinden. Hierfür sind verschiedene Ermittlungen nötig, Beweise müssen eingeholt werden etc. - Aber keine Angst, auch im Krimi spielt die Fantasie eine große Rolle.

Meine Zielgruppe sind wieder Kinder im Alter zwischen acht und elf Jahren. Konzipiert wurde alles für eine Schreibgruppe mit fünf Kindern. Generell habe ich mit der Anzahl von bis zu sechs Teilnehmer_innen die besten Erfahrungen gemacht. Die Kinder lernen sich schnell kennen, Schreibspiele funktionieren prima, und die Dinge, die es für mich vor- oder nachzubereiten gibt, ufern nicht aus.

Während des gemeinsamen Schreibprozesses habe ich bei dieser überschaubaren Anzahl das Gefühl, jedem Kind gerecht zu werden. Auch beim abschließenden Vorlesen kommt jeder, der möchte, zum Zug. Aber letzten Endes gibt es hier keine Regel, welche Gruppengröße die ideale ist. Das hängt auch vom zeitlichen Rahmen ab, den man zur Verfügung hat. In meinem Fall sind es einzelne Themennachmittage, die ich gestaltet habe; die Gestaltung einer Schreibwerkstatt, die sich über einen längeren Zeitraum regelmäßig trifft, sieht sicherlich wieder anders aus. 
 
Und so lautet mein Ausschreibungs-Text:
Spürnasen und Detektive aufgepasst: In dieser Schreibwerkstatt geht es um Spannung und knifflige Fälle. Neben Tipps und Tricks gibt es auch Schreibspiele zum „Warmschreiben“ und dann schreibst du deinen eigenen Krimi, bei dem sogar Sherlock Holmes vor Neid erblassen würde!
 

Die Vorbereitung
 

Für die Kinder

Um das Thema „Fakten“ möglichst leicht umsetzbar darzustellen, habe ich für jedes Kind einen roten Wollfaden vorbereitet, auf den ich Fragenkärtchen geklebt habe (Was? Wer? Wo? Wann? Wie?). Das Tolle daran ist, dass er zugleich den „roten Faden“ einer Geschichte symbolisiert. Die Fragen helfen den jungen Krimiautor_innen außerdem, sich ernsthaft mit einem Fall und seinem Zustandekommen auseinanderzusetzen. 

Zur Auflockerung erhält jedes Kind ein Rätsel in Geheimschrift mit Entschlüsselungshilfe, einen Detektivpass zum Ausfüllen und ein kleines Päckchen Gummibärchen. Zur Aufbewahrung - und damit alles noch geheimnisvoller und spannender aussieht - habe ich für jedes Kind eine kleine Schachtel mit schwarzen Fußspuren und der Aufschrift „Psst!“ beklebt.

 
Die Raumdeko


Ich habe von meiner Stammbuchhandlung ein Poster und eine Wimpelkette der „Drei Fragezeichen“ bekommen. Auf Nachfragen erhält man in der Buchhandlung sicherlich etwas Passendes zum Thema. Leicht anfertigen lassen sich auch Fußspuren: Man überträgt die Form der eigenen Füße mehrfach auf schwarzes Tonpapier, schneidet sie aus und ordnet sie paarweise an der Wand entlang an. Sehr geheimnisvoll!
 
Außerdem habe ich eine Box mit Büchern bereitgestellt; in der Sparte „Krimi und Detektiv“ wird man in der örtlichen Bibliothek fündig. Auch ein paar kriminalistische Gegenstände, z. B. eine Lupe, ein Fingerabdruck-Set (schwarze Stempelfarbe oder Ähnliches), Geheimschrift-Stifte etc. faszinieren die Kinder und helfen, ins Thema einzutauchen.
 
Nicht direkt zur Raumdeko, aber doch mit dem Raum verknüpft ist die Vorbereitung meines Einstiegs-Spiels „Foto-Ralley“: Mit meiner Handykamera habe ich ein paar Details von Dingen im Zimmer fotografiert, z. B. ein Fensterschloss, die Anzeige auf einem Beamer, einen Kleiderhaken, etc. Anschließend habe ich die Bilder am PC in DIN-A4-Format vergrößert, ausgedruckt und jedes in einen Briefumschlag gesteckt. Was es damit auf sich hat, verrate ich gleich beim nächsten Punkt!


 
Der Ablauf 
 

1. Die Einstimmungsphase (ca. 30 Minuten)
Vorstellungsrunde im Stuhlkreis – jedes Kind sagt seinen Namen und erzählt, was es bereits über Krimis weiß oder welche es kennt.

Foto-Ralley: Die Kinder bilden zu zweit je ein Detektivteam. Jedes Team erhält einen geheimnisvollen Umschlag und soll nun das Detail, das auf dem Foto sehr groß dargestellt ist, im Raum finden. Als Beweis wird das entsprechende Foto dort mit Tesa befestigt.
 
2. Inhaltliche Klärung (ca. 30 Minuten)
Die „W-Fragen“ auf dem roten Faden werden gemeinsam besprochen. Bei Bedarf können zu jeder Frage Beispiele gesammelt und notiert werden (Flipchart oder Ähnliches).
 
3. Schreibphase (ca. 45 Minuten)
Jedes Kind überlegt sich eigene Antworten zu den Fragewörtern des roten Fadens und entwickelt dazu einen Krimi.

4. Vorlesephase (ca. 45 Minuten)
Jeder darf, keiner muss vorlesen, konstruktive Rückmeldung wird gegeben.
 
Puffer: Geheimschrift-Rätsel entschlüsseln, Bücherbox mit Krimis durchstöbern, Detektivmaterial testen und Detektivausweis ausfüllen

 
Meine Erfahrung
 

Die rätselhafte Foto-Ralley begeistert die Kinder meistens sofort, so dass sich die „Fremdelphase“ zu Beginn deutlich abkürzt. Hier bietet es sich an, weitere Fotos für noch mehr Spielrunden parat zu haben, denn wenn die Kinder erst einmal auf den Geschmack gekommen sind, lieben sie es, alles im Raum genau unter die Lupe zu nehmen, wie richtige Detektive. Allerdings darf man sich zeitlich nicht zu sehr verzetteln, denn schließlich wollen auch eigene Krimis entwickelt und geschrieben werden.

Als guter Aufhänger dafür, gemeinsam ins Gespräch über mögliche Kriminalfälle und deren Lösung zu kommen, hat sich der rote Wollfaden mit den Fragen bewährt. Den Kindern fallen schnell Dinge ein, die passiert sein könnten, z. B. ein Handy / Schmuck / Geld / Pausenbrot wurde gestohlen, oder Orte, wo sich ein Fall zugetragen haben könnte (am Bahnhof, zu Hause, in der Schule etc.).

Die Beispiele stammen aus der eigenen Lebenswirklichkeit der Kinder, aber auch Zeitungsberichte bieten eine Grundlage hierzu. Fragen wie „Wie hat sich der Täter verraten?“ helfen den Kindern, einen Fall gedanklich durchzuspinnen. Man kann hier auch auf die Möglichkeit der falschen Fährte eingehen, denn so etwas macht einen Krimi schließlich für den Leser spannend.
 
Wichtig ist mir bei der Gesprächsführung, darauf zu achten, dass die Fallkonstruktionen nicht zu „blutig“ oder „abgefahren“ werden. Auch darf es fantasievoll sein (ein Alien oder ein Troll kann schließlich ebenfalls bestohlen oder gekidnappt werden), doch schlussendlich sollte alles logisch aufeinander aufbauen.

 

Mit-Schreiben
 

Und noch eine allgemeine Anmerkung, die aus meiner Sicht für alle Arten von Schreibwerkstätten mit Kindern gilt: Je nachdem, wie selbständig die Kinder in die Schreibphase eintauchen, ist es nicht verboten, als Leitung selbst etwas zum Thema zu entwickeln. Inhaltlich und sprachlich ist hier allerdings Fingerspitzengefühl gefragt; es sollte immer auf Augenhöhe zu den Kindern stattfinden, also nicht allzu literarisch oder kompliziert sein. Denn meistens wollen sie auch, dass man sein Werk im Anschluss vorliest – und wenn das dann zu perfekt erscheint, hat man sie nur eingeschüchtert. Das wäre nicht der erwünschte Effekt.

Ich habe jedoch festgestellt, dass mein eigenes Mit-Schreiben gerade zurückhaltenden Kindern als „Türöffner“ hilft. Sie merken dadurch, dass auch ein „Profi“ mal beim Schreiben ins Stocken geraten kann. Ich habe mich schon sehr über die Tipps von Kindergruppen freuen dürfen, die mir gesagt haben, wie meine Geschichte weitergehen könnte. Solche Phasen sind für mich ebenfalls echte Flow-und Glücksmomente, denn hier wird bei den Kindern kreative Sprachkompetenz entwickelt, ohne dass ich als Leitung irgendetwas Besonderes inszenieren müsste – einfach durch mein schlichtes „Mit-Tun“ und den Rollenwechsel. In diesem Moment sitze ich nicht als Expertin über den Kindern, sondern mit ihnen in einem Boot. Das lockert auf, fördert Vertrauen und hilft, möglichem Erwartungsdruck vorzubeugen. Kurzum – es stärkt die Atmosphäre für kreatives Schaffen.
 

Literaturempfehlungen
 

Sabine Schulz: Die Krimi-Werkstatt, BVK-Verlag: Materialsammlung mit eher schulischem Schwerpunkt, doch auch zum Teil für das kreative Schreiben geeignet. Hier finden sich Vorlagen mit Geheimschriften und einem Detektivausweis. Aber auch im Internet lassen sich solche Vorlagen finden.
 
Jens Schumacher: Verrückte Lücken – total fesselnde Krimigeschichten, Loewe-Verlag: In dieser Reihe sind verschiedene Themenbände erschienen; es handelt sich um ein witziges Wortspiel, das sich super zur Auflockerung zwischendurch eignet. Einfach mal ausprobieren! 
 

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Antje Tresp-Welte arbeitet als Grund- und Hauptschullehrerin an einer Krankenhausschule. Als Schreibwerkstatt-Leiterin bietet sie Ferien-Schreibwerkstätten für Kinder an. Derzeit absolviert sie eine Ausbildung im therapeutischen und kreativen Schreiben. Ihr drittes Kinderbuch „Der große Mäusewinterzauber“ ist vor kurzem bei BoD erschienen. Mehr unter www.tresp-welte.de und auf Instagram: @antjetwelte


UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN


Bitte schickt den ExpertInnen nur Fragen zu ihrem Expertenthema - keine Manuskripte zur Beurteilung. Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber gelöscht wird.
 

Drehbuch  Oliver Pautsch Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Fantasy Stefanie Bense Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Heftroman  Arndt Ellmer Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Historischer Roman  Titus Müller Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Kinder- und Jugendbuch Sylvia Englert Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Kriminalistik Kajo Lang Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Lyrik Martina Weber Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Marketing Maike Frie Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Recherche  Barbara Ellermeier Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Plotten Kathrin Lange Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Sachbuch Gabi Neumayer Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Schreibaus- und -fortbildung  Uli Rothfuss Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Schreibhandwerk Ute Hacker Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Science-Fiction Andreas Eschbach Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 


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Ausgabe 26-04 (vom 20. April 2024)

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