Editorial
Hall of Fame
Neues aus der Buchszene
Praxistipp
„VAKOG – Spüren mit allen Sinnen‟
von Klaus Eckardt
Schreibkurs
„Spannung erzeugen durch Rückblenden‟
von Arwed Vogel
Autorenwissen
„Mit KI arbeiten? Oder besser nicht?‟
von Hans Peter Roentgen
„Überarbeiten ohne Frust: Wie du mit System und Freude deinen Roman verbesserst‟
von Alice Högner (Team Autorenschule)
Impressum
Liebe Autor*innen,
mal ist er pickepackevoll, mal nicht so - dieses Mal enthält der Tempest so viele zum Schreiben und Überarbeiten anregende Artikel, dass es locker für mehrere Monate reicht. Und zwar:
Arwed Vogel zeigt uns im Schreibkurs, wie und wo Rückblenden gut funktionieren - und wo nicht. Hans Peter Roentgen berichtet, wie er KI beim Schreiben einsetzt. Und Alice Högner vom Team Autorenschule gibt grundlegende Tipps zum Überarbeiten.
Und als wäre das noch nicht genug, gibt's auch noch News von Ramona Roth-Berghofer, neue Seminare in Teil 2 des Tempest (auch von unseren Autor*innen dieser Ausgabe!), einen neuen Praxis-Tipp - und dann auch noch das
Zitat des Monats, diesmal von Khaled Talib:
„A writer must have text appeal.‟
Was will man mehr?
Gabi Neumayer
Chefredakteurin
~~~~~~~~~~~
Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt, aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto:
Susanne Schloßmacher
Kreissparkasse Köln
BIC: COKSDE33XXX
IBAN: DE23 3705 0299 1142 1761 63
Stichwort: „Beitrag Tempest“
Ihr könnt auch über unsere Website direkt per Paypal überweisen!
Und wer nicht überweisen möchte, kann uns den Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des Tempest).
ISSN 1439-4669 Copyright 2025 autorenforum.de. Copyright- und Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe
INHALT DIESER AUSGABE
TEIL 1
Editorial
Hall of Fame
Neues aus der Buchszene
Praxistipp
„VAKOG – Spüren mit allen Sinnen‟
von Klaus Eckardt
Schreibkurs
„Spannung erzeugen durch Rückblenden‟
von Arwed Vogel
Autorenwissen
„Mit KI arbeiten? Oder besser nicht?‟
von Hans Peter Roentgen
„Überarbeiten ohne Frust: Wie du mit System und Freude deinen Roman verbesserst‟
von Alice Högner (Team Autorenschule)
Impressum
TEIL 2 (in separater E-Mail, falls ebenfalls abonniert)
Veranstaltungen
Ausschreibungen
Publikationsmöglichkeiten
mit Honorar
ohne Honorar
Seminare
Messekalender
HALL OF FAME (
Die „Hall of Fame“ zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest. Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst - dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen können.
Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!) nach diesem Schema:
.......
AutorIn: „Titel“, Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen weitere Infos zu eurem Buch unterbringen, zum Beispiel eine Homepage-Adresse.
.......
Ein Beispiel (!):
Johanna Ernst: „Der Fall der falschen Meldung“, Hüstel Verlag 2015, Mystery-Thriller. Dann noch 60 Zeichen - und keins mehr! Inklusive Homepage!
.......
Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen.
ACHTUNG!
Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt hat! Als Bezahlung gilt auch, wenn er Bücher kostenpflichtig abnehmen muss, Lektorat bezahlt o. Ä.
Schickt eure Texte unter dem Betreff „Hall of Fame“ an d
Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten. Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall ist, werden nicht mehr verschickt!
......................................
NEUES AUS DER BUCHSZENE (
Wir leben in turbulenten Zeiten, die Buchbranche ist in Bewegung wie nie zuvor. Ob es nun um KI geht, die zunehmende Digitalisierung des Marktes oder all die neuen Chancen und Möglichkeiten, die sich Verlagsautoren und professionellen Selfpublishern bieten: Eine Nachricht jagt die nächste. Damit ihr den Überblick behaltet und nichts Wichtiges verpasst, fassen wir hier alle interessanten Links zusammen, die uns jeden Monat ins Auge fallen - natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Verlage / Buchhandel
Rowohlt: 75 Jahre rororo Taschenbuch.
New Adult im Möbelhaus. LYX und IKEA kooperieren.
BookLab: Länderübergreifende Best Practices für Buchhändler:innen.
Interview / Rede
„Social-Media kann dir keinen Bucherfolg garantieren‟: Literaturagentin Monika Kempf im Interview.
Rede von Friedrich-Perthes-Preisträger Denis Scheck: „Drachenscheiße bleibt Drachenscheiße.‟
Preise / Auszeichnungen
Katja Lange-Müller erhält Thomas-Mann-Preis.
Phantastikpreis der Stadt Wetzlar. Drei Titel auf der Shortlist.
Das sind die „Schönsten Deutschen Bücher‟ 2025.
Preis für unabhängige Verlage: Deutscher Verlagspreis 2025 gestartet.
KI / Social Media
Tote Agatha Christie gibt Schreibseminar: Innovation oder Geisterstunde?
Wie Künstliche Intelligenz das Publishing verändert: Ein Blick in die Zukunft.
„Schreibe wie J. Bree‟: Vergessener KI-Prompt entlarvt Romance-Autorin.
Denkt! Rebelliert! KI fordert uns heraus. Denn wir müssen Kreativität neu lernen.
Kunst und KI: (K)ein Widerspruch.
PRAXISTIPP (
Kurz und knackig: Hier findet ihr Tipps aus jedem Bereich des Schreibens und Veröffentlichens. Teilt eure eigenen Tipps doch auch mit unseren Leser*innen!
„VAKOG – Spüren mit allen Sinnen“
Um das Erleben einer anderen Person zu spüren, nimm sie mit allen fünf Sinnen wahr, als wärst du ein Schauspieler, der in diese Rolle schlüpft: Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken. Nach den Anfangsbuchstaben der lateinischen bzw. griechischen Begriffe visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch und gustatorisch werden sie zusammen als VAKOG bezeichnet.
Um damit in der Praxis zu arbeiten, beantworte die folgenden Fragen in der Ich-Form – also in der Rolle deiner Figur:
- Was genau siehst du?
- Was hörst du?
- Was fühlst du? (Spürst du das in deinem Körper? Wo genau spürst du es? Ist das Gefühl an einen Ort gebunden, oder breitet es sich aus?)
- Was riechst du?
- Was schmeckst du?
Je detaillierter du die Fragen beantwortest, desto mehr Informationen bekommst du.
**~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**
Der Tipp stammt aus dem „Einfach-schreiben-Buch“ von Klaus Eckardt (Paperento-Verlag 2025), www.dein-schreibocoach.de.
SCHREIBKURS (
„Spannung erzeugen durch Rückblenden‟
von Arwed Vogel
Immer wieder liest man in Schreibratgebern, dass Rückblenden auf jeden Fall vermieden werden sollten. Warum eigentlich? Was steckt dahinter, ein jahrhundertlanges bewährtes erzählerisches Mittel plötzlich zum „No-Write‟ zu erklären? Wo doch von der Detektivgeschichte bis zu Harry Potter Rückblenden verwendet werden?
Wenn man darauf baut, den Leser in einer einsträngigen Handlung gefangenzunehmen, so dass er ohne Reflektionsmöglichkeit vom Anfang bis zum Schluss den Text lesen soll, wird man auf Rückblenden verzichten.
Aber schnelles Lesen ist nicht das einzige Kriterium für einen interessanten Text.
Probleme mit Rückblenden
Gut: Rückblenden bedeuten immer, den Erzählfluss zu unterbrechen. Die Leserin muss neue Informationen aufzunehmen und die Szene verlassen, in der sie sich gerade befindet. Dadurch kann es zu einer Spannungsminderung kommen.
Problematisch sind lange Erklärungen, die langweilen und unnötig sind. So sollte am Anfang eines Textes nicht nach einigen wenigen Sätzen bereits eine Rückblende einsetzen, da die Leserin, die sich in dieser neuen Welt einfinden muss, die Orientierung verlieren kann.
Neue Erkenntnisse durch Rückblenden
Rückblenden machen ein Text vielschichtiger, weil sie eine zweite Zeitebene einführen, wodurch der Text an erzählerischer Dimension gewinnt. Wir können Informationen nachtragen, die wir vorher nicht unterbringen konnten, weil sie am Anfang eines Textes nicht zum Lesen reizen oder ganz einfach perspektivisch nicht erzählbar sind.
Das Wichtigste: Rückblenden steigern die Spannung, wenn man sie richtig und dosiert einsetzt. Der Leser muss zwar Informationen aufnehmen, die er gar nicht lesen will (er will ja wissen, wie es weitergeht), sieht aber ein, dass er die Rückblende braucht, um die weitere Handlung zu verstehen. Deswegen ist es wichtig, Rückblenden so zu gestalten, dass sie im Erzählfluss eingebaut und notwendig sind.
Rückblenden können auch eingesetzt werden, um durch zusätzliche überraschende Informationen ein neues Licht auf die Handlung zu werfen.
Die Kusine entschuldigt sich, beim Essen am Vorabend des Familienfestes nicht teilnehmen zu können, weil sie Migräne hat. Bei der Suppe wird darüber geredet, wie schade es ist, dass sie nicht dabei sein kann, hat sie sich doch immer so gut um die Oma gekümmert.
Während sie essen - es gibt Waldpilze -, fällt einer der Figuren ein, dass die Kusine es doch war, die das Pilzesammeln vorgeschlagen hat, weil sie so gerne Pilze aus diesen Wäldern isst (Rückblende 1), und findet es schade, dass die Kusine gerade heute nicht mitessen kann.
Als aber das Gespräch auf die Erbfolge kommt, erinnert sich die Figur, dass es am Morgen eine Diskussion gegeben hat, bei der die Kusine sich beschwert hat, dass sie trotz allem Bemühen um die Oma von der Erbfolge ausgeschlossen ist (Rückblende 2). Die Pilze werden aufgetragen, und es duftet verführerisch. Der Erzähler beschreibt das Pilzesammeln der Familie und wie die Kusine dabei ihre eigenen Wege geht (Rückblende 3).
An diesem einfachen plakativen Beispiel ist zu sehen, wie dem Leser langsam die Informationen bewusst werden, die ein völlig anderes Bild von dem Geschehen und der Figur der Kusine zeichnen.
Rückgriff und Rückblick
Wir unterscheiden zwei verschiedenen Arten von Rückblenden.
Da ist der Rückgriff, die klassische Rückblende des Erzählers. Er unterbricht die Handlung und schiebt nach einem Absatz Informationen, manchmal eine Szene ein, die bereits in der Vergangenheit liegen. Der Erzähler markiert die Vorzeitigkeit mit dem Plusquamperfekt und wechselt nach einigen Sätzen zurück ins Präteritum.
Die zweite Möglichkeit, eine Rückblende zu inszenieren, besteht darin, sie aus der Innenperspektive einer Figur zu entwickeln: Eine Figur erinnert sich, und wir geben die Gedanken und Erinnerungen der Figur wieder. Das kann im direkten Gedankenmonolog nicht sehr gut (nur ganz kurze Rückblenden), aber in erlebter Rede elegant oder im Erzählerbericht im raffenden Modus geschehen:
Direkter Gedanke:
Während er den letzten Löffel aus dem Teller schöpfte, dachte er: Schade, dass die Kusine nicht mitessen kann.
Erlebte Rede:
Er schob den letzten Löffel Suppe in den Mund. Es war schade, dass sie nicht mitessen konnte. Wo sie Pilze doch so sehr liebte! Wie sie sich gefreut hatte, als beschlossen wurde, gemeinsam in die Pilze zu gehen.
Erzählerbericht:
Während er den letzten Löffel Suppe in den Mund schob, dachte er daran, wie die Kusine sich gefreut hatte, als auf ihren Wunsch hin beschlossen wurde, in die Pilze zu gehen.
Schließlich gibt es auch noch die Möglichkeit, die Rückblende als eine Mischung aus Rückgriff und Rückblick zu schreiben. Besonders wenn die Rückblende einer eigenständige Szene ist. Die Figur erinnert sich, das wird genannt. Die Rückblende selber wird aber vom Erzähler als eigenständige Szene einmontiert:
Als er den letzten Löffel Suppe im Mund hatte, erinnerte er sich an den Morgen.
„Ja“, rief die Kusine, „endlich wieder Pilze.“ Sie stand auf und umarmte Onkel Hans: „Danke, das ist wunderbar.“
Onkel Hans lächelte: „Wir machen uns gleich auf den Weg. Das Wetter ist genau richtig.“
Sie standen alle auf, redeten durcheinander und freuten sich auf …
Fazit
Keine Scheu vor Rückblenden, nur müssen sie bewusst eingesetzt werden. Überlegen Sie immer, was für eine Spannungsfrage der Leser im Kopf hat, wenn die Rückblende einsetzt. Was trägt sie dazu bei? Verzögert sie, verändert sie die spätere Antwort?
Wenn Sie das beachten, dann erzeugen Rückblenden zeitliche Tiefe und erzählerische Weite, in jedem Text.
**~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**
Arwed Vogel arbeitet seit fast vierzig Jahren als Schriftsteller und Dozent für Kreatives Schreiben und Poetik an der LMU München und Bildungseinrichtungen in Deutschland und Österreich. Sein Buch „Der Roman“ (Allitera-Verlag) zeigt die wichtigsten Schreibtechniken. Er ist Landesvorsitzender des VS Bayern und leitet die Literarische Sommerakademie Schrobenhausen. www.literaturprojekt.com
AUTORENWISSEN (
„Mit KI arbeiten? Oder besser nicht?‟
von Hans Peter Roentgen
Viele sind entsetzt über Autorinnen, die mit KI arbeiten. Schließlich hat KI massenhaft Texte von Autoren ohne Erlaubnis, ohne zu zahlen fürs Training genutzt. Eine Schweinerei, kein Zweifel. Vor allem, weil die KI-Hersteller ihre Trainingsdaten mittlerweile verkaufen und sich gegenseitig verklagen, wenn angeblich die eine Firma die Trainingsdaten der anderen nutzt, ohne Geld dafür herauszurücken. Das sind die gleichen Firmen, die sich kostenlos bei Autorinnen und Autoren bedient haben.
Also sollten Autoren keine KI nutzen? Schließlich dient die KI dazu, Autorinnen arbeitslos zu machen? Schreibt Bücher, Romane?
Ich habe bei meinem neuen Projekt vor zwei Monaten angefangen, KI zu nutzen. Nein, ich lasse sie nicht meine Texte schreiben. Das kann sie nämlich nicht. Wer keine Erfahrung mit KI hat, glaubt gerne, Romane und Geschichten zu schreiben sei das Einzige, wofür man sie nutzen könne. Nur dafür.
Gott sei Dank: nein. Zunächst einmal musst du einer KI Befehle geben, etwas zu schreiben. Von sich aus setzt sich keine hin und überlegt: „Ich möchte einen Roman über die schreiben, die mich entwickelt haben. Denn sie sind meine Eltern.‟
Die Entwicklung der KI
Ich habe Informatik studiert, vor vielen Jahrzehnten. Und manches wiederholt sich. Der Begriff „KI“ wurde bereits in den Fünfziger-Jahren des vorigen Jahrhunderts geschaffen. Ende der Sechziger habe ich dem Vortrag eines Informatik-Professors gelauscht, der prophezeite, die Computer würden demnächst an den Schulen die Schüler unterrichten.
Es gab tatsächlich ein Programm, das Unterricht gab. Coursewriter III hieß es, und der Professor unterrichtete damals Berliner Schüler in Mongolisch damit, um es zu testen. Es funktionierte sogar mehr oder weniger.
Über Jahre entwickelte sich in der EDV Software, die immer mehr konnte. Man konnte bereits vor dreißig Jahren dem Computer Texte diktieren wie einer Sekretärin. Vor zehn Jahren schuf ein amerikanisches Team eine Software, die Texte danach beurteilen konnte, wie sie auf Leserinnen wirkte und ob sie das Zeug zu einem Bestseller hätten. Sie schrieben darüber das Buch „Bestseller“ - ich habe es gelesen und fand es faszinierend. Vor allem, weil das Programm die gleiche Meinung hatte wie professionelle Lektoren. Die Schreibmethoden, die dieses Programm empfahl, waren nicht neu.
Jetzt ist der Begriff „KI“ seit wenigen Jahren nicht nur bei Informatikerinnen bekannt, sondern findet sich überall in der öffentlichen Diskussion. Also nichts Neues unter der Sonne der Bits und Bytes?
Doch. Mit den heutigen KI-Programmen kann man Deutsch reden. Man benötigt keine Programmiersprache wie JAVA mehr, um den Computern Aufträge zu erteilen. Ein immenser Fortschritt.
KI als Sparringspartner
Was für Aufträge erhält die KI von mir? Wenn ICH eine Szene geschrieben habe, lege ich sie der KI vor und gebe ihr einen Auftrag: „Was hältst du davon? Was findest du gut, was könnte ich verbessern?‟ Und die KI gehorcht. Sie ist ein Sparringspartner, sie trainiert meine Texte. Natürlich bietet sie mir auch an, sie könne meinen Text polieren.
Gehe ich auf dieses freundliche Angebot ein? Nein!
Warum nicht? Weil ich dann den Text sorgfältig kontrollieren müsste, wo es passt und wo nicht. Da geht es schneller, ihn selbst zu polieren und die Hinweise der KI dafür zu nutzen.
Außerdem: Es soll MEIN Text bleiben. Wer sich von der KI die Geschichten schreiben lässt, gibt seinen Wunsch, zu schreiben, auf. Das wäre so, als ob Sie von Thomas Mann „Buddenbrooks“ das Cover abreißen und eine neues draufkleben würden. „Buddenbrooks“ von Hans Meier. Es gibt tatsächlich Leute, die tun so was.
Zweitens sind die Änderungsvorschläge der KI oft fragwürdig, und ich sehe, aus welchen Texten sie geklaut worden sind.
Und wozu nutze ich die KI noch?
Sie werden lachen, ich lasse mich von ihr motivieren. Dadurch, dass ich am Abend weiß: Am nächsten Morgen werde ich ihr die Szene vorlegen, dann haben wir ein Sparringstraining am Text. Mich motiviert das. Auch wenn ich weiß, dass es der KI völlig egal ist, ob ich ihr am nächsten Morgen eine neue Szene liefere oder in zehn Jahren.
Schreibblockaden kann eine KI wunderbar auflösen. Auch diese Technik ist nicht neu, sie heißt „Brainstorming‟. Überlege dir zwölf Lösungen, wie dein Text weitergehen könnte. Das löst die Blockaden im Kopf. Genau damit kann man auch die KI beauftragen, und sie ist wunderbar gehorsam. Zwölf Lösungen, absurd und fantastisch, verlange ich von ihr. Schon kommt sie damit angeschwirrt. Und prompt fällt mir ein, wie es weitergehen sollte in meinem Text. Nicht mit einer der zwölf Lösungen, aber einer passenden dreizehnten.
Denn so gut die KI auch ist, Telepathie gehört nicht zu ihren Stärken. Warum willst du dieses und nur dieses Buch schreiben? Oft wissen Autoren das selbst nicht so genau. Woher soll es dann die KI wissen?
Ich weiß, es bleibt trotzdem eine Schweinerei, KI-Programme mit fremden Texten zu trainieren, ohne die Verfasser zu befragen, ohne sie zu honorieren. Aber wenn die KI mit unseren Texten geschaffen wurde, dann haben wir ein Recht darauf, sie zu nutzen. Nicht, um Romane damit zu schreiben. Da werden noch viele Bytes durch die Leitungen fließen, bevor das passiert. Sondern um die Hilfsmittel beim Schreiben zu nutzen, die die KI anbietet.
Im neunzehnten Jahrhundert brachte die industrielle Revolution eine neue Gesellschaft hervor. Mit medizinischem Fortschritt und sozialem Elend. Die Politik wurde vor die Aufgabe gestellt, das zu regulieren. Sie hat es in jahrzehntelangen Auseinandersetzungen geschafft. Unser heutiges Sozialsystem wurde damals eingeführt.
Ich glaube, das wird und sollte auch mit KI und der ganzen digitalen Umwälzung geschehen. Es ist ein Unding, dass die großen Tech-Firmen Autorinnen und Autoren für ihr Training kostenlos nutzen und die gewonnenen Daten dann noch gewinnbringend weiterverkaufen.
Nächsten Monat verrate ich euch, was die KI sagte, als ich ihr die Urfassung dieses Artikels vorlegte.
[Anmerkung der Red.: Die Nutzer von ChatGPT etc. sollten sich im Klaren sein, dass sie die KI mit ihrem Input weiter füttern – soweit das nicht im Kleingedruckten des jeweiligen LLMs ausgeschlossen wird.]
**~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**
Hans Peter Roentgen ist Autor der Bücher „Vier Seiten für ein Halleluja“ über Romananfänge, „Drei Seiten für ein Exposé“, „Schreiben ist nichts für Feiglinge“ und „Klappentext, Pitch und weiteres Getier“. Außerdem hält er Schreibkurse und lektoriert.
AUTORENWISSEN(
„Überarbeiten ohne Frust: Wie du mit System und Freude deinen Roman verbesserst‟
von Alice Högner (Team Romanschule)
Der erste Entwurf deines Romans ist geschafft! Aber dann schaust du auf deinen Text, und anstatt Stolz macht sich Frust breit. Denn jetzt ist die Überarbeitung dran (und so ein Roman-Manuskript kann ein wirklich großes Biest sein).
Aus Erfahrung wissen wir, dass viele Autor:innen die Überarbeitung als größte Hürde im Schreibprozess empfinden. Warum? Weil der Text plötzlich unübersichtlich wirkt, die Probleme sich türmen und jede Änderung zehn neue Fragen nach sich zieht. Kein Wunder, dass viele Autor:innen genau hier stecken bleiben.
Doch das muss nicht so sein.
Überarbeiten ist mehr als Flickwerk
Wer planlos an die Überarbeitung geht, läuft allerdings schnell Gefahr, sich in Details zu verlieren oder ständig zwischen großen Strukturfragen und Kleinkram zu springen. Das Ergebnis: Chaos im Kopf, Frust im Herzen – und ein Roman, der einfach nicht rund wird.
Dabei steckt in der Überarbeitung eine echte Chance! Denn richtig umgesetzt, wird aus einem Rohdiamanten ein lesenswerter, spannender Roman.
Mit System statt Stress
Ein strukturierter Plan bringt Klarheit in deinen Überarbeitungsprozess. Statt gleichzeitig an Stil, Figuren, Logik und Spannung zu feilen, lohnt es sich, gezielt in Etappen vorzugehen.
Schau dir zuerst den großen Bogen an: Stimmen Plot, Struktur, Spannungsverlauf? Der nächste Schritt sind die Figuren: Sind ihre Entwicklungen nachvollziehbar? Erst danach geht es an die Sprachebene, den Feinschliff und Stilfragen.
Du könntest die Überarbeitung an deinem Roman zum Beispiel in folgende Überarbeitungs-Runden einteilen:
1. Struktur und Plot
Prüfe, ob dein Roman einen klaren Spannungsbogen hat. Gibt es einen erkennbaren Anfang, ein Mittelteil mit Konflikt und ein stimmiges Ende? Gibt es Szenen, die nichts voranbringen, oder wichtige Lücken, die geschlossen werden müssen?
2. Figuren
Wie entwickeln sich deine Figuren innerhalb der Geschichte? Lernen sie etwas? Treffen sie bedeutsame Entscheidungen? Haben sie Schwächen, innere Konflikte oder ein Ziel, das sie verfolgen? Auch deine Nebenfiguren sollten nicht blass bleiben, denn sie hauchen der Welt deiner Held:innen genauso Leben ein wie die Handlung selbst.
3. Logik und Kohärenz
Gibt es Widersprüche im Zeitverlauf, in den Handlungen oder in der Welt, die du entwirfst? Stimmen Orte, Reaktionen und Zusammenhänge innerhalb der Geschichte (wenn z. B. unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen, können die Figuren in deiner Welt unterschiedliche Reaktionen auf dieselbe Situation haben)?
4. Sprachlicher Feinschliff
Nun kannst du auf Satzebene arbeiten. Sind die Dialoge lebendig und natürlich? Gibt es Füllwörter, Wiederholungen oder holprige Formulierungen? Achte auch auf den Rhythmus deiner Sprache – und auf den typischen Ton deiner Geschichte. Hast du eine Figur dabei, die sprachliche Besonderheiten aufweist (z. B. Dialekt, eine sehr blumige oder vulgäre Sprache?), und behält diese Figur ihre Sprache konsistent bei?
5. Stil
Passt der Erzählstil zu Genre und Inhalt? Ist die Erzählperspektive konsequent durchgehalten? Gibt es bewusste stilistische Entscheidungen, etwa für Satzlängen, Tonfall oder Erzähltempo?
Tipp:
Druck dir dein Manuskript aus – am besten in einem anderen Format (zum Beispiel mit größerem Zeilenabstand oder in einer anderen Schriftart). Das hilft deinem Gehirn, den Text wie etwas „Fremdes“ zu sehen. So fallen dir Wiederholungen, Fehler oder unnötige Füllsätze viel leichter auf.
Diese Herangehensweise verhindert nicht nur ständiges Zurückrudern, sie spart dir Zeit und vor allem Nerven.
Ein weiterer Vorteil: Du hast immer wieder kleine Erfolgserlebnisse, denn jedes Häkchen auf der To-do-Liste zeigt, dass es voran geht.
Überarbeiten darf Spaß machen
Was viele vergessen: Auch die Überarbeitung ist ein kreativer Akt und muss gar nicht langweilig sein. Denn jetzt kannst du all das umsetzen, was beim ersten Entwurf noch nicht passte. Du kannst Lücken füllen, neue Szenen erfinden, Nebenfiguren Tiefe geben oder Dialoge schärfen. Es ist die Phase, in der dein Roman wirklich Form annimmt.
Mit der richtigen Einstellung und der passenden Methode wird aus deinem Frust schnell fokussiertes Arbeiten, das deinen Roman wirklich voranbringt. Dein Text wird besser, klarer und spannender. Endlich hast du das Gefühl, das Handwerk des Romanschreibens so richtig im Griff zu haben.
Verliere dich im Text – oder arbeite mit Plan
Natürlich braucht die Überarbeitung deines Romans Disziplin. Und ja, manchmal auch Geduld. Aber wenn du ein System hast, überarbeitest du nicht ins Blaue hinein, sondern hast ein Ziel. Anstatt dich zu verzetteln, triffst du Entscheidungen bewusst: Was darf raus? Was braucht mehr Raum? Was wirkt, was nicht?
Du arbeitest nicht mehr gegen deinen Text – sondern mit ihm. Und genau darin liegt die Freude.
Fazit: Überarbeiten ist keine Strafe
Es ist der Moment, in dem dein Roman zu dem wird, was du dir beim Schreiben erträumt hast. Mit einem klaren Plan kannst du diesen Prozess nicht nur effizient, sondern auch mit einem guten Gefühl durchlaufen. Damit du am Ende einen Roman in der Hand hast, auf den sich die Leser:innen nur so stürzen.
**~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**
Das Team der Romanschule begleitet Autor:innen vom ersten Funken bis zum fertigen Roman. In der Romanwerkstatt erwarten dich inspirierende Workshops, praxisnahe Masterclasses und eine motivierende Gemeinschaft von Schreibenden. Mehr Infos: romanschule.de/trw
UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN
Bitte schickt den Expert*innen nur Fragen zu ihrem Expertenthema - keine Manuskripte zur Beurteilung. Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber gelöscht wird.
Fragen (anonymisiert) und Antworten werden in der Regel hier im Tempest veröffentlicht, damit auch andere Autor*innen davon lernen können. Wer das aber nicht möchte, schreibt das bitte ausdrücklich dazu.
Drehbuch | Oliver Pautsch | |
Fantasy | Stefanie Bense | |
Heftroman | Arndt Ellmer | |
Historischer Roman | Titus Müller | |
Kinder- und Jugendbuch | Sylvia Englert | |
Kriminalistik | Kajo Lang | |
Lyrik | Martina Weber | |
Marketing | Maike Frie | |
Sachbuch | Gabi Neumayer | |
Schreibaus- und -fortbildung | Uli Rothfuss | |
Schreibhandwerk | Ute Hacker | |
Science-Fiction | Andreas Eschbach |
Veranstaltungen, Ausschreibungen, Publikationsmöglichkeiten, Messen und Seminare findet ihr im zweiten Teil des Tempest, den ihr separat abonnieren müsst.
Einsendeformalien
Einsendungen sind zu allen Rubriken von autorenforum.de - nach Rücksprache - erwünscht. Das Urheberrecht verbleibt bei der Autorin bzw. beim Autor.
Einsendungen bitte im RTF-Format und per E-Mail, und zwar an:
Herausgeber*innen
Gabi Neumayer (
Ramona Roth-Berghofer (
Stefan Schulz (
Thomas Roth-Berghofer (
Susanne Schloßmacher (
„The Tempest“ ist ein kostenloser Newsletter für Autor*innen. Abonnent*innen sind herzlich aufgefordert, den Newsletter weiterzugeben oder nachzudrucken, solange alle Urheberrechte beachtet werden (Näheres s. http://www.autorenforum.de/ueber-uns) und der VOLLSTÄNDIGE Newsletter weitergegeben wird. Ansonsten bitten wir darum, mit der Redaktion Kontakt aufzunehmen.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Zugesandte Artikel können von der Redaktion bearbeitet und gekürzt werden.
Für unverlangt eingesandte Beiträge wird keine Haftung übernommen. Das Recht zur Veröffentlichung wird prinzipiell vorausgesetzt. Alle bei autorenforum.de veröffentlichten Beiträge, Grafiken und Bilder sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur mit vorheriger Einwilligung von autorenforum.de bzw. der Einwilligung des verantwortlichen Autors/der verantwortlichen Autorin nachgedruckt oder anderweitig weiterverwendet werden.
Auf die Gestaltung der Links haben wir keinen Einfluss. Die Inhalte der verlinkten Seiten machen wir uns nicht zu Eigen.