The Tempest

Ausgabe 12-09 (20. September 2010)

Editorial
Hall of Fame
Schreib-Kick
Lesetipp
Autorenwissen
   "Realismus ist unser Metier -
   Wie politisch ist Kriminalliteratur?"
   von Horst Eckert
Schreibkurs
   "Gekonnt Szenen machen"
   von Iris Leister
Buchbesprechung
   "Aus dem Lektorat" von Isa Schikorsky
   besprochen von Gabi Neumayer
Des bösen Lektors Wörterbuch
Frag den Experten für Science-Fiction
   (Andreas Eschbach)
Frag den Experten für Drehbuch
   (Oliver Pautsch)

EDITORIAL:  
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Liebe Autorinnen und Autoren,

in diesem Monat bieten wir euch Theorie und Praxis, Anregungen und
Tipps, Empfehlungen und Antworten ... Also alles wie immer. Aber immer
wieder spannend, denn das findet ihr in unserer aktuellen Ausgabe:

Krimiautor Horst Eckert beleuchtet den Krimi und seine Position in der
und zur Gesellschaft. Iris Leister stellt ein Werkzeug zum
Überarbeiten (und damit auch zum Schreiben) von Szenen vor. Unsere
Experten für Science-Fiction und Drehbuch melden sich mit Einblicken
in die Praxis zu Wort. Einen Buchtipp haben wir ebenso für euch wie
Schreib-Kicks, neue Ausschreibungen und ein weiteres Häppchen (nicht
wörtlich gemeint!) von Honeyball Lektor.

Der Tipp des Monats September, diesmal von Benjamin Nover:

Mein Tipp, um seine Bücher bekannt zu machen, ist einfach:
Frech sein! Ich habe insgesamt zehn Sender angeschrieben
und gefragt, ob sie über mich berichten wollen.
Mit Erfolg: Vier verschiedene Sender haben mich besucht und
einen Bericht gemacht, einer der Sender hat mich sogar
ins Studio eingeladen.

Schickt uns weiter eure Autoren-Fitness-Tipps (s. letzter Tempest),
dann nehmt ihr an der nächsten Hammer-Verlosung teil. Wenn ihr andere
Tipps oder Vorschläge für Artikel habt, natürlich auch. Wenn ihr einen
Beitrag zum Erhalt des Tempest überweist, nicht - da besteht der
unbezahlbare Preis darin, dass wir den Tempest mit eurer Hilfe
weiterführen können.

Und jetzt allen, die sich ins Getümmel stürzen, eine schöne Buchmesse
- und einen herrlichen Herbstanfang!

Gabi Neumayer
Chefredakteurin

~~~~~~~~~~~
Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen
wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen
freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt,
aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto
von autorenforum.de:

Sparda Bank Südwest eG
BLZ 550 905 00
Kto. 100 724 515
Stichwort: "Beitrag 2010"

Für AuslandsabonnentInnen: Am 1. Juli 2003 wurden die
Auslandsüberweisungsgebühren gesenkt. Aber natürlich könnt ihr uns
euren Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des
Tempest).

Wer aus Österreich überweist, braucht außerdem diese Nummern (bitte
genau so zusammenschreiben!)
IBAN: DE16 5509 0500 0100 7245 15
BIC: GENODEF1S01

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ISSN 1439-4669 Copyright 2010 autorenforum.de. Copyright- und
Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe
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INHALT DIESER AUSGABE:


TEIL 1:

Editorial
Hall of Fame
Schreib-Kick
Lesetipp
Autorenwissen
"Realismus ist unser Metier -
Wie politisch ist Kriminalliteratur?"
von Horst Eckert
Schreibkurs
"Gekonnt Szenen machen"
von Iris Leister
Buchbesprechung
"Aus dem Lektorat" von Isa Schikorsky
besprochen von Gabi Neumayer
Des bösen Lektors Wörterbuch
Frag den Experten für Science-Fiction
(Andreas Eschbach)
Frag den Experten für Drehbuch
(Oliver Pautsch)
Impressum


TEIL 2:

Veranstaltungen
Ausschreibungen
Publikationsmöglichkeiten
mit Honorar
ohne Honorar
Seminare
Messekalender
Impressum


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HALL OF FAME:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)

Die "Hall of Fame" zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest.
Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst -
dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen
können.

Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!)
nach diesem Schema:

.......
AutorIn: "Titel", Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende
oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich
könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen
weitere Infos zu eurem Buch unterbringen.
.......
Ein Beispiel (!):

Johanna Ernst: "Der Fall der falschen Meldung", Hüstel Verlag 2009,
Mystery-Thriller. 60 Zeichen - und kein einziges mehr! Inklusive
Homepage!
.......

Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im
Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie
Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen.

ACHTUNG, NEU!
Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr
bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in
einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt
hat!

Schickt eure Texte unter dem Betreff "Hall of Fame" an
redaktion at team pt autorenforum pt de.

Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen
Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten.
Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall
ist, werden ab sofort nicht mehr
verschickt!~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
~


Renée Holler: "Tatort Geschichte: Der Tempel der tausend Masken",
Loewe Verlag 2010, Kinderbuch. Ratekrimi aus der Zeit der Maya.
www.reneeholler.com

Bärbel Rädisch "Mohrenkopf", Acabus-Verlag 2010, Krimi. Spielt im
Bremer Kunstmilieu

Brigitte Teufl-Hehimhilcher & Maria Edinger "Genießen statt verzichten
- frei von Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten", Sieben-
Verlag 2010. Ein Erfahrungsbericht

Nicole Rensmann: »Die Hobbijahns«, Drachenmond Verlag 2010, Fantasy
Kinder. Debüt nach 14 J. veröffentlicht. www.nicole-rensmann.de

Hughes Schlueter: "Tod in Belval", editions Saint Paul 2010,
Kriminalroman. Krimi aus Luxemburg - http://www.hughesschlueter.com

Roy Francis Ley: "Darklight Sea Cruiser - Der Teufelsdämon", Edition
Banzini 2010, Gay Fantasy. Humorvoller Liebesroman um einen
dämonischen U-Boot-Kapitän

Barbara Kiesling: "Seid möglichst glücklich miteinander. Eine
Partnerfibel für Aufgeklärte", Noel-Verlag 2010, Sachbuch. Mit 35
bunten Zeichnungen, die sich sehr gut einprägen

Sonja Raab und Martha Thürmer: "Sakra!", Edition Schreiblöwe 2010,
Unterhaltungsroman. Moralisch sehr bedenklich und trotzdem be-
geisternd

Rosita Hoppe "Das Glück fährt Taxi", Verlag Aaronis-Collection 2010,
heiterer Liebesroman. Männer? Nichts für Carly. Bis die Freundinnen
aktiv werden

Angela Leinen, "Wie man den Bachmannpreis gewinnt - Gebrauchsanweisung
zum Lesen und Schreiben", Heyne 2010, Sachbuch.
http://www.randomhouse.de/book/edition.jsp?edi=311836

Ursula Schmid-Spreer, Anne Hassel (Hrsg.): "Der Henker von Nürnberg",
Wellhöfer Verlag 2010, Kurzgeschichten. Historische Morde


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SCHREIB-KICK:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


Unser Schreib-Kick für den September, diesmal von Jennifer Schreiner:

Das erste Mal

Notiere stichwortartig viele erste Erfahrungen (Rad fahren, geliebt,
gelogen, einen Fehler gemacht, etwas Wichtiges gelernt, ein
Erwachsenen-Geheimnis durchschaut, jemanden deine Liebe gestanden;
ausgelacht, geliebt, enttäuscht, bewundert worden).

Schildere möglichst genau Ort, Zeit, Umstände, Sinneseindrücke,
Auswirkungen etc.


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LESETIPP:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


http://www.focus.de/schule/lernen/lernatlas/schreibwerkstatt/schreibwe
rkstatt_aid_27682.html: 15 Schritte zum Happy End - ein Schnellkurs in
Sachen Drei-Akt-Modell.

http://autorenforum.montsegur.de/cgi-bin/yabb/YaBB.pl?board=verlag:
Tempest-Autor Hans Peter Roentgen bringt Licht in das Durcheinander um
Druckkostenzuschüsse und sogenannte Serviceverlage, konkret am
Beispiel der "Literaturagentur Klaus Middendorf".


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AUTORENWISSEN:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


"Realismus ist unser Metier -
Wie politisch ist Kriminalliteratur?"
von Horst Eckert

In Platos Höhlengleichnis starren die Menschen auf die Wand und halten
die Schatten, die das Sonnenlicht wirft, für lebendig, weil sie es
nicht besser wissen. Dass Figuren und Handlung eines Kriminalromans
nicht real sind, steht manchmal schon auf den ersten Seiten
("Ähnlichkeiten ... sind rein zufällig"). Trotzdem verstehen die Leser
das Geschriebene gern als Anspielung auf wirkliche Ereignisse, als
Kommentar zur Republik und ihren konkreten Bewohnern. Und auch
Kritiker postulieren gern, dass ein Krimi "realitätstüchtig" sein
solle. Löst er dies ein, so gilt er sogar als moderne Form des
Gesellschaftsromans. Der Schatten als lebende Wirklichkeit?

Oder sind Krimis nur eskapistische Fantasien? Lesen wir Krimis, um in
erster Linie dem Alltag zu entfliehen? Auch dies wird dem Genre gern
nachgesagt: Dass es die Illusion einer Welt produziere, in der die
Vernunft herrscht und am Ende stets die Ordnung wiederkehrt. Um im
Bild zu bleiben: Wir denken uns die dunklen Schatten einfach weg.
Natürlich gibt es solche Bücher: Heimat-Literatur im schlechten Sinn,
Heile-Welt-Märchen. Qualität ist etwas anderes.

Eine Maxime der Kriminalliteratur lautet: Die Handlung ist zwar frei
erfunden, könnte sich aber so zutragen. Fantasy und Science-Fiction
dürfen verrückten Visionen gehorchen, Horror darf Tote aufwecken. Der
Krimi bleibt dagegen auf dem Boden der Tatsachen. Seine Figuren sollen
glaubhaft sein und der Plot nicht nur in sich nachvollziehbar, sondern
auch dem Vergleich mit der Wirklichkeit standhaltend. Dass die Leser
dies erwarten, liegt in der Definition des Genres begründet.

Was ist ein Krimi? Gibt es formale Kriterien? Es muss keinen Ermittler
geben. Der Mord muss nicht am Anfang stehen. Die Handlung kann aus der
Sicht eines Kommissars erzählt werden, aus der Sicht des Täters, eines
Zeugen oder auch des Opfers. Ich-Perspektive, Präsens - alles war
schon da, alles ist möglich.

Deshalb schrieb Raymond Chandler bereits 1949 über den Kriminalroman:
"Er stellt eine Form dar, die noch nie wirklich übertroffen worden ist
[...]. Sie ist immer noch fließend in Bewegung, ist immer noch zu
mannigfaltig, um sich einfach klassifizieren und abstempeln zu lassen,
und immer noch wartet sie nach allen Richtungen mit neuen
Überraschungen auf."


Fließend in Bewegung

Dass Kriminalliteratur immer wieder neu erfunden wird, ist der Grund
für die anhaltende Beliebtheit des Genres - und ganz nebenbei hat
Chandler mit seiner Beobachtung schon damals das akademische Klischee
vom Krimi als Trivialliteratur, die im Schema erstarrt, gründlich
widerlegt. Nicht die Form macht also den Krimi aus, sondern der
Inhalt: die banale, aber folgenschwere Eigenschaft, dass ein
Verbrechen im Kern der Handlung steht.

Die Straftat stellt eine Interaktion zwischen zwei Menschen dar, die
von Dritten sanktioniert werden muss. Ein Mord lässt uns nicht kalt,
er ruft Empörung und Einmischung hervor. Selbst wenn das Verbrechen
seinen Ursprung in der privaten Sphäre hat, wird es zum
gesellschaftlichen Phänomen, mit allen Folgen. Und wer darüber
schreibt, entwirft eine Gesellschaft, die - zumindest punktuell und
vorübergehend - aus den Fugen geraten ist. Damit ist jeder ernst
gemeinte Krimi zugleich Gesellschaftsliteratur.

Realismus bedeutet nicht, dass wir die Gesellschaft abbilden. Wir
schreiben Fiktion, erfinden unsere eigene Wirklichkeit. Die
Charakterisierung der Täter folgt nicht der Sozialstatistik, die
Dramaturgie folgt nicht den Vorschriften der Strafprozessordnung. Wir
erfinden Menschen und ihre Geschichten. Wir sind Lügner.

Aber als gute Lügner tun wir das glaubwürdig. Die Wahrhaftigkeit
unserer Romane besteht darin, dass die Leser sich und ihre
Wirklichkeit in der Fiktion erkennen. Dass sie sich vorstellen, es
könnte wirklich so zugehen wie im Roman. Die Welt ist ja tatsächlich
absurd und brutal. Und so interpretieren die Leser zwangsläufig den
Krimi als Kommentar auf das Leben. Wir bedienen diese Erwartung gern,
sonst hätten wir dieses Genre nicht gewählt. Realismus ist unser
Metier.


Was uns allen innewohnt

Und so reichern wir unsere Geschichten meist mit einer mehr oder
weniger großen Prise Zeitgeschichte und Lokalkolorit an. Sind sie also
doch nur Heimatliteratur? Oder gar Schlüsselromane? In meinem Krimi
"617 Grad Celsius" muss ein Ministerpräsident um seine Wiederwahl
bangen. In "Königsallee" gibt ein Oberbürgermeister den Möchtegern-
Fürsten. "Sprengkraft" führt eine rechtspopulistische Partei und deren
Vorsitzende vor. Jedes Mal glaubte die Presse, die eine oder andere
reale politische Figur wiederzuerkennen. Und jedes Mal griff dieser
Reflex zu kurz.

Monika Maron hat einmal sehr schön ausgedrückt, worum es geht: "Im
einzelnen Menschen verstehen, was uns allen innewohnt, und die
Umstände erkennen, die es zutage fördern können."

Dieses wunderbare Potential liegt in jeder guten Literatur, auch im
Krimigenre. Doch hier kommt nicht nur die Spannung hinzu, sondern auch
das notwendige Moment der Verunsicherung, der Hinterfragung. Denn
Kriminalliteratur behandelt nun mal die Schattenseiten des Lebens. Die
Momente, in denen etwas nicht stimmt. Mit uns und unserem Verhalten,
mit unserer Gesellschaft. Mit den Umständen, die auch ein Verbrechen
"zutage fördern können". Und diese Umstände dauern an, auch wenn der
Mörder gegen Ende des Romans verhaftet wird.

Das Potential zur Kritik - wann wird es politisch? Nicht, wenn wir die
Leser zu einer Haltung auffordern. Wer den Zeigefinger hebt, gibt den
ungebetenen Pädagogen und hört auf, zu unterhalten. Gesinnungskrimis
sind stets langweilig und ärgerlich. Belassen wir es lieber -
scheinbar naiv - bei spannenden Geschichten um Figuren, die wir dem
Leben abschauen. Wenn sie gut sind, werden sie automatisch politisch
sein. Indem sie den Leser an seine Wirklichkeit erinnern und seinen
Blick schärfen. Bei meinen Lesungen aus "Sprengkraft" hörte ich oft:
"So einen Oberbürgermeister haben wir auch." Und wer das sagt, denkt
sich zugleich: Das muss nicht sein, ein solcher Mann sollte abgewählt
werden.

Wer jedoch nicht wahrhaben will, dass Macht zu ihrem Missbrauch
einlädt und Mandatsträger auch nur Menschen sind, dem ist nicht zu
helfen. Ein solcher Leser wird einen deutschen Krimi, der Politik und
Korruption thematisiert, stets für skandalös halten. Aus der
angelsächsischen Literatur kennen wir Thriller, in denen sogar
ranghöchste Politiker als Mörder fungieren. David Baldaccis "Der
Präsident" kam auch in Deutschland gut an. Das Buch handelt im fernen
Amerika und beschmutzt nicht das eigene Nest. Ein Roman über
politische Verbrechen im deutschen Hier und Jetzt muss dagegen mit
Abwehrreflexen rechnen.

Mir macht es Spaß, an diesem konservativen Tabu zu kratzen. Über "617
Grad Celsius" schrieb eine Zeitung, ein solcher Roman trage zur
Politikverdrossenheit bei. Als sei der Überbringer der schlechten
Nachricht ihr Verursacher. Solche aufgeregten Journalisten benehmen
sich tatsächlich wie die Schattenanbeter aus Platos Höhlengleichnis.

In meinem nächsten Roman wird es um einen Bundestagsabgeordneten und
um den Chefmanager einer deutschen Großbank gehen. Um die Verflechtung
von Finanzwirtschaft und Politik. Unter anderem. Alles wird erfunden
sein. Und - wenn mir das Buch gelingt - zugleich wahr. Ich bin
gespannt.

**~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**

Horst Eckert, 1959 geboren, studierte Politikwissenschaft, arbeitete
fünfzehn Jahre lang als TV-Journalist und lebt in Düsseldorf. 1995
erschien sein Debüt "Annas Erbe". Es folgten weitere Romane, die in
verschiedene Sprachen übersetzt wurden und zahlreiche Preise
erhielten. Sein jüngster Roman "Sprengkraft" wurde für den Friedrich-
Glauser-Preis 2010 nominiert. http://www.horsteckert.de


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SCHREIBKURS:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)

"Gekonnt Szenen machen"
von Iris Leister

Diesen Artikel beginne ich mit einem Turbowerkzeug zum Überarbeiten
von Szenen. Ungewöhnlich, zugegeben. Aber das gibt mir die
Gelegenheit, die Grundprinzipien einer Szene Punkt für Punkt zu
erklären. Unabhängig davon, ob es sich um eine Prosa- oder eine
Filmszene handelt. Die Übung heißt "Szenenvisitenkarte" und ist ein
echtes Präzisionswerkzeug beim Überarbeiten.


Die Szenenvisitenkarte

Schreiben Sie entweder zunächst eine beliebige Szene aus Ihrem Werk
einfach herunter, oder nehmen Sie sich eine bereits geschriebene Szene
vor. Erstellen Sie jetzt die Visitenkarte der Szene, indem Sie die
folgenden Punkte schriftlich beantworten (Näheres dazu gleich):

1. Logline der Szene.
2. Was sagt der Protagonist / die Protagonistin der Szene, um sein /
ihr Ziel zu verfolgen?
3. Was tut er / sie, um sein / ihr Ziel zu verfolgen?
4. Wie bzw. wodurch treibt die Szene den Plot voran?
5. Überarbeiten: Versuchen Sie dort, wo es möglich ist, den Dialog
durch Handlung oder Anzeichen zu ersetzen.

Während die ersten vier Punkte eine Bestandsaufnahme Ihrer Szene sind,
ist Punkt fünf eine Handlungsanweisung.


Die Logline

Zuerst verlangt die Übung eine Logline. Das ist der Inhalt einer Szene
(oder eines Plots) in ein bis zwei knappen Sätzen. Hier ein ganz
profanes Beispiel: "Anton möchte, dass Beate ihm beim morgendlichen
Frühstück die Butter reicht."

Wer eine knackige Logline für seine Szene formulieren kann, hat
bereits die Grundlage dafür geschaffen, dass sie spannend,
konfliktgeladen und fokussiert ist. Wer das nicht kann, muss
herausarbeiten, worum es genau in seiner Szene geht.


Ziel, Strategie und Konflikt

Punkt zwei fragt danach, was der / die Protagonist/in sagt, um ihr
Ziel zu erreichen. Dass es ein Ziel gibt, eine Figur also etwas will,
ist wichtig, weil dieses Ziel den Spannungsbogen der Szene ausmacht.
Was eine Szene für den Leser oder Zuschauer spannend macht, ist
nämlich exakt die Frage, ob eine Figur bekommen wird, was sie will. -
Selbst wenn es wie in unserem Fall einfach nur das Reichen der Butter
ist.

Damit hängt ganz eng zusammen, wie und wodurch, also mit welcher
Strategie die Figur ihr Ziel erreicht. Ziel und Strategie sind
zentrale Fragen in einer Szene. Sie führen uns direkt zum Thema
Konflikt. Der Konflikt gibt der Szene Dynamik. Wenn z. B. Anton nun
die Butter will, Beate sie aber nicht herüberreichen möchte oder sie
sie ihm wortlos hinknallt, haben wir einen Konflikt. Prompt ist unsere
Aufmerksamkeit geweckt. Wir fragen uns, was zwischen den beiden los
ist und wie Anton sein Ziel trotzdem erreicht.

Der Konflikt ist deswegen so wichtig, weil nur er den Figuren die
Gelegenheit gibt, zu zeigen, was in ihnen steckt. Und damit sind wir
bei der Frage nach der Strategie, also wie und womit eine Figur
versucht, ihr Ziel zu erreichen.


Der Dialog: Verbale Strategien

Meistens lösen wir Autoren das durch Dialog, die so genannte verbale
Strategie. Wahrscheinlich, weil wir diese Art der Konfliktlösung aus
unserem Alltagsleben kennen. Es wird geredet, argumentiert, manchmal
ein bisschen geschrieen, möglicherweise gedroht oder geschmeichelt,
vielleicht sogar gelogen - um nur einige verbale Strategien zu nennen.
Wir können uns also sehr gut vorstellen, dass Anton um die Butter
bittet und Beate daraufhin sagt, er solle sie sich selbst holen und
sie habe nun endgültig genug von Antons Um-die-Häuser-Zieherei,
woraufhin ein Wort das andere ergibt.


Wortlos: Nonverbale Strategien

Punkt drei der Liste vom Anfang fragt danach, ob die Figur in der
Szene auch nonverbale Strategien anwendet, um ihr Ziel zu erreichen.
Das müssen keine Rambostrategien wie das Türeneintreten sein.
Ignorieren, sich zurückziehen, jemanden bestechen oder verführen, um
das Ziel zu erreichen, sind ebenfalls nonverbale Strategien.
Nonverbale Strategien sind Gold wert. Warum, darauf komme ich noch.

Statt Beate zu fragen, ob er die Butter haben kann, könnte Anton
einfach mit dem Messer gegen das Butterschälchen schlagen. Oder sich
demonstrativ verrenken, um dran zu kommen. Beate wiederum könnte ihn
ignorieren, die Butter demonstrativ in den Kühlschrank stellen, sie
gegen die Wand werfen usw.


Reden ist Silber, Handeln Gold

Jede der genannten nonverbalen Strategien würde etwas ganz anderes
über den Charakter der Figur aussagen, sie aber gleichzeitig sehr viel
plastischer beschreiben, als ein Dialog das kann. Wer gut über seine
Figuren Bescheid weiß, findet deren nonverbale Strategien und kreiert
wesentlich dreidimensionalere Figuren, als wenn sich diese nur
unterhalten. Deswegen sind nonverbale Strategien Gold wert.

Eine wichtige Steigerung der nonverbalen Strategie ist etwas, das ich
als "vor vollendete Tatsachen stellen" bezeichnen möchte. Aber dazu
später mehr. Hier zunächst der Hinweis auf ein weiteres ebenfalls
höchst wertvolles, nonverbales Hilfsmittel: das Anzeichen. Anzeichen
sind verräterische Details, die den inneren Zustand einer Figur
offenbaren. Die Figur sagt nicht, dass sie nervös, absolut
selbstsicher, noch angetrunken vom Abend vorher o. Ä. ist, sondern man
benutzt Anzeichen dafür: Sie kann Nägel knabbern, sich völlig lässig
auf einen Stuhl fallen lassen, sich als Erstes einen Cocktail aus
Rollmöpsen und Tomatensaft bereiten und dabei versehentlich die Milch
ausschütten, und dergleichen mehr.

Wie eine nonverbale Strategie geben Anzeichen einer Figur
Dreidimensionalität und verringern die Last des Dialogs.


Was gibt‚s Neues?

Zu Punkt 4: Eine Szene funktioniert nur dann, wenn die Leser oder
Zuschauer in ihr eine neue, wichtige Information zur Figur oder zum
Plot erhalten. Um sie bei der Stange zu halten, platziert man diese
Information am Ende der Szene.

Ist keine neue Information vorhanden, wirkt die Szene langweilig.
Solange sie nicht mit einer neuen Information aufgeladen werden kann,
muss sie gestrichen werden. Auch wenn es die Lieblingsszene ist.


Unmerklich künstlich und deshalb dramatisch

Nun zu Punkt 5. Sowohl die literarische als auch die Filmszene sind
keine Abbildung der Wirklichkeit, sondern eine hochkonzentrierte,
kunstvoll dramatisierte Simulation derselben. Genau darauf zielt die
Handlungsanweisung, den Dialog wo immer möglich durch Handlung oder
Anzeichen zu ersetzen.

Handeln und Anzeichen machen Figuren automatisch unverwechselbar, weil
wir erfahren, über welches Arsenal an Verhaltensweisen sie verfügen
bzw. nicht verfügen. Und sie schärfen den Konflikt. Hier schließt sich
der Kreis zu den vollendeten Tatsachen, die ich unter Punkt drei
genannt hatte. Im Fall von Anton und Beate könnte das z. B. so
aussehen, dass sie, anstatt die Buttersituation in einen
verbalstrategischen Ehekrach über Antons Beziehungsunfähigkeit münden
zu lassen, den Raum verlässt, seine Koffer gepackt hat. Oder den
Schlüsseldienst anruft, der die Schlösser austauschen soll. Wie wird
Anton nun handeln? Eine spannende Frage, die viel über die Beziehung
der beiden und seine Charaktereigenschaften verrät.

Vor vollendete Tatsachen stellen, das bedeutet, den Konflikt kunstvoll
zu dramatisieren und dadurch eine Figur zum Handeln und damit zum
Offenlegen ihrer Strategien zu zwingen, wodurch sie unverwechselbar
und lebensecht wird.


Fazit, aber noch kein Schluss

Ziel, Strategie, Konflikt und das Ersetzen von Dialog durch Handlung
sind zentrale Handwerkszeuge zum Schreiben packender Szenen mit
dreidimensionalen Figuren.


Zum Schluss

Vergessen Sie alles, was ich bis hierhin geschrieben habe.

Schreiben Sie stattdessen Ihre Szenen einfach herunter. Ganz
instinktiv. Ohne nachzudenken. Und dann, ja, dann gehen Sie mit Ihrer
Szene zurück zum Anfang dieses Artikels. Da wird nämlich ein Werkzeug
zur Überarbeitung von Szenen vorgestellt. Ein Präzisionswerkzeug, mit
dessen Hilfe Ihre Szenen und die Figuren darin zu strahlen beginnen.

**~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**

Iris Leister ist gelernte Drehbuchautorin und hat ihr Handwerk unter
anderem an der UCLA in Los Angeles gelernt. Sie schreibt Hörspiele und
Drehbücher, ihr Thriller "Novembertod" erschien 2008. Sie arbeitet als
freischaffende Schriftstellerin und unterrichtet Drehbuchschreiben u.
a. bei akademie.de. Ihr nächstes Intensiv-Seminar startet am
26.10.2010. Infos unter http://tiny.cc/drehbuch-workshop.


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BUCHBESPRECHUNG:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)


"Aus dem Lektorat"
besprochen von Gabi Neumayer

Schreibtipps, Tipps zum Veröffentlichen, zur Form eines Manuskripts,
zur Verlagssuche, Lesetipps: Die Autorin, eine erfahrene Lektorin,
Autorin und Dozentin für Kreatives Schreiben, geht mit ihren 50 Tipps
querbeet durch die verschiedensten Bereiche, die für AutorInnen
interessant und wichtig sind oder sein können.

Eine kleine Auswahl aus den 50 Themen: Es geht unter anderem um
Erzählperspektive, Namen, Dialoge, Arbeiten mit Word, Anthologien,
Testleser, Gänsefüßchen, Blocksatz, Buchtitel, Buchmessen, faire und
unfaire Verlage.

Durchschnittlich etwa zwei Seiten pro Thema - das ist nicht viel. Und
so sollte niemand von diesem Buch ausführliche Anleitungen,
erschöpfende Analysen oder umfassende Ausführungen erwarten. Dafür
gibt es zahlreiche andere Ratgeber. Hier geht es darum, vor allem bei
angehenden AutorInnen das Bewusstsein für die Themen zu wecken, mit
denen sie sich in Ihrem Schreibleben beschäftigen sollten oder müssen.

Knapp, präzise, anschaulich, mit vielen kleinen zusätzlichen Tipps
(auch zu spannenden Webseiten und Büchern) - die Autorin verliert sich
auch in der Kürze der Zeit nicht in Allgemeinheiten, sondern gibt, ja,
gute Tipps eben. Und sie stellt einige Schreibbücher ausführlich vor,
was vor allem für NachwuchsautorInnen interessant sein dürfte.

Die Zielgruppe sind ganz klar angehende AutorInnen - fortgeschrittene
AutorInnen werden hier nicht viel Neues entdecken. Aber auch sie
können sich über das eine oder andere Aha-Erlebnis freuen. Oder sich
an der manchmal kontroversen Meinung reiben, die die Autorin bei dem
einen oder anderen Thema vertritt.


Isa Schikorsky: "Aus dem Lektorat. 50 Tipps zum Schreiben und
Veröffentlichen", 2009, 132 Seiten, 10,00 Euro, BoD


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DES BÖSEN LEKTORS WÖRTERBUCH:
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(redaktion at team pt autorenforum pt de)



Kreativität
1. veraltet: Autoreneigenschaft.
2. Leerformel.

Krimi
Wer warum und wozu wie, wann und wo den Mord begangen hat. Plus ein
Ermittler.

Kritiker
Journalist, der über ein Buch schreibt, von dem er nur Schlechtes
gehört hat.

Kunst
Zustand; wird von Autoren gelegentlich mit dem Leben verwechselt.

..........
aus: Dr. Honeyball Lektor / Stephan Waldscheidt (Hrsg.): "Zehn Gründe,
eine Schriftstellerin zu heiraten", Satire, 128 Seiten mit Abbildungen
und Cartoons. Mehr dazu: http://www.waldscheidt.de


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UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN:
---------------------------------------------------------------------
Bitte schickt den ExpertInnen nur Fragen zu ihrem Expertenthema -
keine Manuskripte zur Beurteilung.

Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst
kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber sofort gelöscht wird.


Drehbuch: Oliver Pautsch
drehbuch at experte pt autorenforum pt de
Fandom: Thomas Kohlschmidt
fandom at experte pt autorenforum pt de
Fantasy: Stefanie Bense
fantasy at experte pt autorenforum pt de
Heftroman: Arndt Ellmer
heftroman at experte pt autorenforum pt de
Historischer Roman: Titus Müller
historischer.roman at experte pt autorenforum pt de
Kinder- und Jugendbuch: Michael Borlik
kinderbuch at experte pt autorenforum pt de
Lesungen: Rüdiger Heins
lesungen at experte pt autorenforum pt de
Lyrik: Martina Weber
lyrik at experte pt autorenforum pt de
Sachbuch: Gabi Neumayer
sachbuch at experte pt autorenforum pt de
Schreibaus- und -fortbildung: Uli Rothfuss
fortbildung at experte pt autorenforum pt de
Schreibgruppen: Ute Hacker
schreibgruppen at experte pt autorenforum pt de
Schreibhandwerk: Ute Hacker
schreibhandwerk at experte pt autorenforum pt de
Sciencefiction: Andreas Eschbach
sf-autor at experte pt autorenforum pt de
Übersetzung: Barbara Slawig
uebersetzerin at experte pt autorenforum pt de
Verlagswesen: Bjørn Jagnow
verlagswesen at experte pt autorenforum pt de

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Experten-Special:
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Bjørn Jagnow hat seine über 80 Fragen und Antworten zu den Themen
Urheberrecht, Verlagswesen und Vermarktung der letzten Jahre gesammelt
und in einem Buch zusammengefasst - thematisch sortiert und
aktualisiert:

Björn Jagnow: "Fragen und Antworten zu Urheberrecht, Verlagswesen und
Vermarktung", 2009, 188 Seiten, 10,00 Euro, Edition Octopus



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FRAG DEN EXPERTEN FÜR SCIENCE-FICTION:
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Andreas Eschbach (sf-autor at experte pt autorenforum pt de)


Frage:
Da viele Rückmeldungen sagen, dass sie sich [mein Buch] super als Film
vorstellen können, habe ich mich mal ein bisschen umgehört, und
irgendwie bin ich auf eine deutsche - in Los Angeles lebende -
Drehbuchautorin gestoßen. [...] Sie hat angeboten, dass wenn ich einen
Produzenten finden würde, sie das Drehbuch hierfür entwickeln würde.
[...]

Können Sie mir einen Tipp geben, wie man es anstellen kann, einen
Produzenten zu finden? Von Ihnen wurde doch auch schon mal ein Buch
verfilmt (was im Übrigen aus meiner Sicht leider Ihrem tollen Roman
nicht gerecht wurde). "Das Jesus-Video" war nicht zuletzt eines der
Bücher, die mich zu meinem Roman inspiriert haben.


Antwort:
Leider habe ich da keinen Tipp. Denn normalerweise läuft es
andersherum: Ein Produzent wird auf einen Roman aufmerksam, den er
verfilmen will, und erwirbt dann eine Option auf die Filmrechte. Der
Autor des Romans kann dazu wenig bis nichts tun. Das passiert, oder es
passiert nicht. (Beim "Jesus Video" ist es eben passiert.)

Auch das Angebot eines Drehbuchautors, das Drehbuch zu schreiben, wie
in Ihrem Fall, hat wenig zu sagen: Drehbuchautoren suchen immer Jobs.
Im Falle eines Falles entscheidet ohnehin der Produzent, wer das
Drehbuch schreibt - in der Regel hat so jemand Leute an der Hand, mit
denen er schon lange und oft zusammengearbeitet hat. (Was anderes ist
es, wenn der Drehbuchautor anbietet, den Stoff einem Produzenten
vorzustellen, für den er schon gearbeitet hat.)

Generell ist die Rückmeldung "kann man sich gut als Film vorstellen"
im Normalfall einfach ein Lob von Lesern, die damit ausdrücken wollen,
dass sie sich beim Lesen nicht anstrengen mussten, sondern dass ein
"Film vor dem inneren Auge ablief" - wie es ja sein soll.

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Andreas Eschbach schreibt seit seinem 12. Lebensjahr. Er studierte
Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete zunächst als
Softwareentwickler. Bis 1996 Geschäftsführer einer EDV-Beratungsfirma,
lebt er inzwischen als freier Schriftsteller in der Bretagne. Er ist
verheiratet und hat einen Sohn. Zu seinen bekanntesten Romanen zählen
"Das Jesus-Video", "Eine Billion Dollar" und "Ausgebrannt".


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FRAG DEN EXPERTEN FÜR DREHBUCH:
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Oliver Pautsch (drehbuch at experte pt autorenforum pt de)

Frage:
Ist es in Deutschland möglich, als gänzlich unbekannter Autor, der von
keiner Filmhochschule kommt, ein Drehbuch (Exposé/Treatment) an eine
Sendeanstalt oder eine Produktionsfirma zu veräußern?

Immer häufiger stoße ich auf Aussagen, die dies klar verneinen.
Produktionsfirmen würden ausschließlich auf halbwegs namhafte Autoren
zurückgreifen. Auch gute Stoffe blieben unberücksichtigt, wenn der
Autor unbekannt ist. Begründungen finden sich darin, dass unerfahrene
Amateure nicht in der Lage seien, Stoffe für eine Produktion
termingerecht umzuschreiben.

Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?


Antwort:
Ich würde niemals "nie" oder "ausschließlich" sagen.

Allerdings stellt sich die momentane Situation so dar, dass Sie im
seltenen Erfolgsfall sehr wahrscheinlich von einem ausgebildeten Autor
oder Regisseur mit Diplom oder Hochschulabschluss in seinem Taxi zur
Drehbuchbesprechung gefahren würden, denn trotz sinkender Zahl von
Produktionen steigt die Anzahl der Absolventen jährlich.

Es muss im Gegenzug allerdings auch die Frage erlaubt sein, ob Sie
Ihre Steuererklärung, Zahnbehandlung oder Scheibenbremsenreparatur
jemandem anvertrauen würden, der vorher beruflich etwas völlig anderes
gemacht hat. Ich persönlich lasse mir z. B. sehr ungern Blut von einem
Azubi abnehmen. Weil ich, was Stiche mit Nadeln in Körperteile angeht,
ein rechter Feigling bin.

Mein Vorschlag: Verdienen Sie sich das Vertrauen! Ich weiß aus eigener
Erfahrung, wie schwer das ist und wie lange es dauern kann, vom Gag-
und Quizfragenschreiber zum Drehbuchauftrag für einen 90-minütigen
Fernsehfilm zu kommen. Aber es ist möglich - sonst könnte ich ja jetzt
und hier nicht den Fachmann geben ;-)

Ich möchte erneut (und immer wieder!) betonen, dass ich meine ersten
Schritte mit Kurzfilmen und sogar den ersten Fernsehfilm mit
Filmstudenten und Absolventen auf die Bahn gebracht habe. Suchen Sie
sich in diesem Bereich Kontakte. Denn (und das muss ich jetzt groß
schreiben): ES WERDEN IMMER (GUTE) STOFFE AN HOCHSCHULEN GESUCHT!

Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich behaupte, dass viele
Regiestudenten keine Ahnung vom Schreiben haben. Oder keine Idee
(auch: keine Lust!.) Denn das öde Autorendasein ist ja nicht zwingend
ihre Aufgabe.

Weitere Vorteile:
- Hochschulen bekommen Fördergelder und Sendeplätze.
- Studenten setzen viel Enthusiasmus, Herzblut und manchmal sogar
eigenes Geld für ihre Projekte ein.
- Sie können sich in den Fächern "Verkaufsgespräche (coolfilmdeutsch:
Pitching)", "Kreativer Streit", "Umgang mit (oder: Erdung von)
lebensfernen Künstlern" und noch vielen anderen Disziplinen üben.

Und wer weiß - wenn Sie lange genug durchhalten und sich Vertrauen
verdienen: Vielleicht fährt Sie einer Ihrer Regisseure viele Jahre
später in seinem Taxi zur Drehbuchbesprechung zum Sender oder ins
Produktionsbüro ...

Ich weiß, das war jetzt böse. Aber nicht ganz unrealistisch.

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Oliver Pautsch, Jahrgang 65, sammelte zunächst Erfahrungen als Fahrer,
Beleuchter, Aufnahmeleiter und Regieassistent im Fernsehgeschäft.
Später ein Zwischenspiel an der Uni Düsseldorf, doch er wollte lieber
direkt für die Branche schreiben. Es entstanden Drehbücher für
Kurzfilme, Serienfolgen und für den sog. "abendfüllenden" Film.
http://www.pautsch.net


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