The Tempest

Ausgabe 22-07 (20. Juli 2020)

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Schreib-Kurs
      „Sympathische Monster konzipieren“ 
      von Nora-Marie Borrusch
   Der Lektor, das unbekannte Wesen
      „Was braucht es, damit die Botschaft ihr Ziel erreicht?“ 
      Interview mit Silja von Rauchhaupt
   Frag die Expertin für Kinderbuch
     (Sylvia Englert)
   Impressum

EDITORIAL 

Liebe Autorinnen und Autoren,

heute geht's weiter mit Nora-Marie Borruschs Monster-Schreib-Kurs, der nun endlich auch so heißt (und nicht mehr

„Schreib-Kick“). Diesmal: Wie macht man ein Monster sympathisch?

Corona beeinflusst natürlich auch den Buchmarkt; mit diesem Thema beschäftigt sich unsere Expertin Sylvia Englert in ihrer Antwort auf eine Leserfrage.

Eine Lektorin, die auf Sachbücher und Selfpublisher-Konzepte spezialisiert ist, stellt Hans Peter Roentgen diesmal im Interview vor: Silja von Rauchhaupt.

Ramona Roth-Berghofers Streifzug durch die Buchszene im Internet könnt ihr wie immer anhand ihrer gesammelten Links nachvollziehen, in Teil 2 des Tempest gibt es ein paar neue Seminarankündigungen (nach langer Durststrecke), und einige Autorentreffen finden inzwischen auch wieder statt. Trotzdem: Fragt vorher bei den VeranstalterInnen nach, ob die Veranstaltung tatsächlich stattfindet! Die Situation kann sich ja immer noch ändern.

Der klassische Tipp des Monats, diesmal von Ernest Hemingway:

     Autoren sollten stehend an einem Pult schreiben. Dann würden ihnen ganz von selbst kurze Sätze einfallen.

Genießt den Sommer, lasst euch auch von all dem Neuen inspirieren, das traurig oder bedrohlich erscheint - und schreibt uns eure Erfahrungen! Und wie immer (weil die Resonanz leider gering ist): Unterstützt bitte die Menschen, die euch jeden Monat den Tempest bringen, auch finanziell. Ob 5 oder 15 Euro oder auch mehr, über unsere Website geht das per Paypal ganz einfach. Danke!

  Gabi Neumayer
  Chefredakteurin

~~~~~~~~~~~

Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt, aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto:

     Jürgen Schloßmacher
     Kreissparkasse Köln
     BIC: COKSDE33XXX 
     IBAN: DE23 3705 0299 1142 1761 63
     Stichwort: „Beitrag Tempest“

Ihr könnt auch über unsere Website direkt per Paypal überweisen!

Und wer nicht überweisen möchte, kann uns den Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des Tempest). 


ISSN 1439-4669 Copyright 2020 autorenforum.de. Copyright- und Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe


INHALT DIESER AUSGABE

TEIL 1

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Schreib-Kurs
      „Sympathische Monster konzipieren“ 
      von Nora-Marie Borrusch
   Der Lektor, das unbekannte Wesen
      „Was braucht es, damit die Botschaft ihr Ziel erreicht?“ 
      Interview mit Silja von Rauchhaupt
   Frag die Expertin für Kinderbuch
     (Sylvia Englert)
   Impressum


TEIL 2 (in separater E-Mail, falls ebenfalls abonniert)

   Veranstaltungen
   Ausschreibungen
   Publikationsmöglichkeiten
     mit Honorar
     ohne Honorar
   Seminare
   Messekalender


HALL OF FAME (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.


Die „Hall of Fame“ zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest. Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst - dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen können.

Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!) nach diesem Schema:

.......

AutorIn: „Titel“, Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen weitere Infos zu eurem Buch unterbringen, zum Beispiel eine Homepage-Adresse.

.......

Ein Beispiel (!):

Johanna Ernst: „Der Fall der falschen Meldung“, Hüstel Verlag 2015, Mystery-Thriller. Dann noch 60 Zeichen - und keins mehr! Inklusive Homepage!

.......

Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen. 

ACHTUNG!

Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt hat! Als Bezahlung gilt auch, wenn er Bücher kostenpflichtig abnehmen muss, Lektorat bezahlt o. Ä.

Schickt eure Texte unter dem Betreff „Hall of Fame“ an dDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten. Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall ist, werden ab sofort nicht mehr verschickt! 


Harry Dettenborn: „Wallbotter – ein Gerichtspsychologe greift ein“, Brighton Verlag 2019, Erzählungen. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Carolina Conrad: „Tödliche Algarve“, rororo 2020, Krimi. Ein Portugal-Krimi. bettina-haskamp.de

Ursula Schmid-Spreer: „Cork, noch mehr Mord – Ein Irland-Krimi“, adakia Verlag 2020, Kriminalroman. www.schmid-spreer.de


NEUES AUS DER BUCHSZENE (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


Wir leben in turbulenten Zeiten, die Buchbranche ist in Bewegung wie nie zuvor. Ob es nun um neue Vertragsbedingungen mit Amazon geht, die zunehmende Digitalisierung des Marktes oder all die neuen Chancen und Möglichkeiten, die sich Verlagsautoren und professionellen Selfpublishern bieten: Eine Nachricht jagt die nächste. Damit ihr den Überblick behaltet und nichts Wichtiges verpasst, fassen wir hier alle interessanten Links zusammen, die uns jeden Monat ins Auge fallen - natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.


Buchhandel / Zwischenhandel


Was Auszubildende aus dem Lockdown gelernt haben.

Corona-Effekt: Standorthandel schlägt Kette.

Schweizer Buchzentrum zieht Corona-Bilanz: „Die Buchbranche wird sich wieder erholen.“

Branchen-Monitor Buch: einstelliges Minus.


Verlage / Konzerne


Verlegerbeteiligung: Buchverlage fordern finanziellen Ausgleich.


E-Book / Digital


Audiostreaming weiter im Aufschwung.


Preise / Auszeichnungen


Lob der alten Dame. Helga Schubert gewinnt mit 80 den Ingeborg-Bachmann-Preis.

Marion Poschmann erhält Hölty-Preis 2020.

Heinrich Heine Preis 2020 geht an Rachel Salamander.

Klopstock-Preis an Clemens Meyer.


Kultur / Literaturszene 


Lilly Brett: Wie man in Coolness altert.

„Neulich in Amerika“: Tableau des Schreckens.

Großes Glück für kleines Geld: Der Groschenroman und seine Leser.

Die Tribute von Wohlleben. Mit „The End“ und „Mechanica Caelestium“ hängen sich zwei Graphic Novels an bestehende Erfolgsbücher - und schlagen die Originale um Längen.


Veranstaltungen / Messen


Aufbau, C.H. Beck, Klett-Cotta und Suhrkamp kommen auf die Frankfurter Buchmesse.

Millionen-Förderung für die Frankfurter Buchmesse.

WUB (Woche unabhängiger Buchhandlungen) startet am 31. Oktober.

Wackelt der Termin der Leipziger Buchmesse 2021?


International


Religious Publishers' Anti-Racism Resources Draw Sales.

Italien verzeichnet durch die Corona-Krise einen Rückgang besonders der „Starken Leser“ um 20 %.

Nichte von Donald Trump darf Buch veröffentlichen.

What kind of world will the coronavirus crisis leave us with? Naomi Klein interviewed for a Guardian Live event.

Court Rejects Trump Family Claims, Greenlights Niece's Tell-All.

May Publishing Sales Fell 12.1%.


SCHREIB-KURS (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


„Sympathische Monster konzipieren“

von Nora-Marie Borrusch 

Monster können nicht nur gruselige Antagonisten sein, sondern auch Handlungs- und Sympathieträger. Um das zu erreichen, kann man zum Beispiel Monster niedlich konzipieren, wie es beispielsweise im Film „How to train your dragon“ oder in den Bildern von Johan Potma geschieht. Aber wie kann man Niedlichkeit bei geifernden, klauenbewehrten, haarigen, riesigen, schuppigen Viechern erzeugen?

1. über das Kindchenschema. Betonung der Augen, weiche Formen und ggf. leicht unkoordinierte Bewegungen, Füße / Hände / Klauen und Kopf unproportional groß und tapsig.

2. durch Diminutive. Die grässliche schwarze Hauswinkelspinne ist genau genommen nur ein kleines Tierchen mit kleinen Füßchen, wie schlimm kann sie sein?

3., indem man menschliche Verhaltensweisen hineininterpretiert. Erwähnte Hauswinkelspinne verkriecht sich, um Schutz oder Wärme zu suchen, geht ab und zu spazieren, sitzt abends eine Stunde vor ihrem Haus / Winkel, um den Abend zu genießen, bewegt sich gaaanz laaangsam und unauffällig in ihre Ritze, damit der große Mensch sie ja nicht bemerkt und sie eventuell frisst ... Ihnen Namen zu geben oder Ironie zu verwenden, kann das erleichtern (seitdem mag ich meinen Graf Orlov den Monströsen).

4., indem man Ungeheuern Verhaltensweisen von Haustieren zuschreibt. Mit dem Schwanz wedeln / schnurren / sich aufplustern bei Freude. Zuneigung zeigen durch anschmiegen, Leckerlis sehr vorsichtig annehmen, wenn sie einem von ihrem Essen abgeben (lecker angenagte halbe Gazellen oder so). Schutz suchen bei Dingen, die für den Menschen nicht erschreckend sind (Gewitter, Staubsauger, vorbeizischende Amseln).

                  **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**

Nora-Marie Borrusch, Lektorat Agapenna, www.lektorat-agapenna.com, seit 2020 Mitglied im VfLL

 


  DER LEKTOR, DAS UNBEKANNTE WESEN (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


„Was braucht es, damit die Botschaft ihr Ziel erreicht?“

Interview mit Silja von Rauchhaupt

Silja von Rauchhaupt lektoriert Marketingtexte und Sachbücher und berät Selfpublisherinnen bei ihren Buchkonzepten, Klappentexten und Recherchen. Und sie ist stellvertretende Vorsitzende des Verbandes freier Lektorinnen und Lektoren (vfll).

 

Hans Peter Roentgen: Welche Texte lektorierst du? Und was machst du in so einem Lektorat?

Silja von Rauchhaupt: Als Lektorin bearbeite ich vorwiegend Sachbücher und Marketingtexte. Bevor ich anfange zu lektorieren, ermittle ich erst einmal den Bedarf meines Kunden, zum Beispiel: Für welchen Zweck ist das Buch oder der Text geschrieben? Wer ist die Zielgruppe? Was braucht es, damit die Botschaft ihr Ziel erreicht? Was wünscht sich der Autor oder die Marketingabteilung vom Ergebnis? Je nachdem, wie die Fragen beantwortet werden und wie der Ausgangstext beschaffen ist, geht es dann mehr um strukturelle Arbeit oder sprachliches Feilen, um die Anpassung des Stils, des Tons oder auch um das Einbauen von didaktischen Elementen wie Übungen, Kernsätzen und dergleichen. Wie der Arbeitsprozess ist, richtet sich ebenfalls nach dem Kunden und dem jeweiligen Projekt.

 

HPR: Welche Eigenschaften sind deiner Meinung besonders wichtig, um Texte zu lektorieren?

SvR: Eine fundierte Sprachkenntnis ist Grundvoraussetzung. Und damit meine ich nicht nur Orthografie, sondern auch stilistisches Know-how. In Bereich Sachbuch sind Kenntnisse über Leseverhalten, über Didaktik und die jeweilige Zielgruppe sehr hilfreich. Wichtig ist auch ein Sinn für logische Argumentation und Struktur.

 

HPR: Wie sieht der typische Ablauf deines Lektorats aus? Mal angenommen, ich schicke dir einen Text, welche Schritte passieren dann, bis das Lektorat beendet ist?

SvR: Ich würde aufgrund deines Textes mit dir das Konzept für ein Lektorat besprechen. Nach einer genauen Bedarfsermittlung würde ich dir dann ein passendes Angebot zuschicken. Angenommen, du nimmst das Angebot an, klären wir noch Details zum Arbeitsprozess. Dann würde meine eigentliche Arbeit, das Lektorieren, beginnen.

Haben wir nur einen Durchgang ausgemacht, schicke ich dir deinen Text mit meinen Kommentaren und / oder Vorschlägen im Änderungsmodus zu. Ist ein zweiter Durchgang Teil meines Angebots, sehe ich den Text nach deiner Bearbeitung noch einmal durch. Ein zweiter Durchgang ist meist zu empfehlen, denn beim Überarbeiten von Texten schleichen sich schnell Ungereimtheiten ein. In manchen Fällen empfehle ich auch ein externes Schlusskorrektorat.

 

HPR: Bietest du unterschiedliche Lektoratsformen an (Exposé, Klappentext, Manuskriptgutachten), oder sind es immer vollständige Texte?

SvR: Manuskriptgutachten für Verlage gehören nicht zu meinem Angebot. Im Rahmen einer Autorenberatung biete ich auch Hilfe bei Exposés an. Das kommt aber relativ selten vor. Häufig kommt es dagegen vor, dass ich Klappentexte, Autorentexte und Werbetexte für meine Kunden schreibe.

 

HPR: Was ist deiner Meinung nach die wichtigste Aufgabe eines Lektorats?

SvR: Mir ist es wichtig, meine Kunden dabei zu unterstützen, in ihren Vorhaben erfolgreich zu sein. Als Lektorin helfe ich dabei, Texte zu strukturieren und sprachlich zu feilen, bis sie das erreichen, was sie erreichen sollen. Die Zufriedenheit und der Erfolg meiner Kunden ist für mich das wichtigste Ergebnis.

 

HPR: Gibt es typische Probleme in den Texten, die du erhältst, die immer wieder auftreten? Kannst du uns drei typische Beispiele nennen, die du immer wieder überarbeiten musst?

SvR: Du meinst konkrete Beispiele sprachlicher Art? Jeder Text ist anders, jedes Projekt ist anders, aber natürlich gibt es Herausforderungen, die immer wieder in anderer Form auftreten. In Sachtexten begegnet mir häufig der berühmte Bandwurmsatz, Schachtelsatz oder Klammersatz. Meine Techniken, solche Sätze auf elegante Weise gut lesbar zu machen, wachsen kontinuierlich an und funktionieren teilweise schon fast automatisch. In Marketingtexten dagegen stelle ich mich immer wieder den Adjektiven. Adjektive, vor allem gehäuft verwendet, können jeden noch so starken Satz schwächen. Hier ist Streichen oft die beste Lösung.

 

HPR: Auf deiner Homepage bietest du auch Beratung von Selfpublishern an. Wie habe ich mir das vorzustellen? Was machst du da?

SvR: Das ist sehr unterschiedlich. Der Prozess eines Buches ist komplex, und es gibt verschiedene Hürden, die zu bewältigen sind. Die einen suchen eine Schreibberatung, weil sie gerade feststecken. In diesem Fall biete ich ein individuelles Schreibcoaching an, das auf motivierende Weise Strategien vermittelt, um die Schreibkrise zu überwinden. Es kann aber auch darum gehen, wie das Buch am besten veröffentlicht werden soll. Dann zeige ich Möglichkeiten auf und helfe, den richtigen Weg zu finden. Anderen stehe ich bei der Bildrecherche zur Seite oder bei der Suche nach einem Layout für das Cover oder den Buchsatz.

 

HPR: Du bietest auch Lektorat von Klappentexten an, wie läuft das ab?

SvR: Lektorat von Klappentexten biete ich an, häufiger ist aber, dass ich damit beauftragt werde, welche zu schreiben. In diesem Fall mache ich nach einer Bedarfsanalyse einen Textvorschlag, den ich nach den Wünschen des Autors oder der Autorin abändere, bis das Ergebnis rund ist und auch den Anforderungen an einem Klappentext entspricht. Es geht ja nicht um ein paar nette Zeilen, sondern um einen verkaufsfördernden Marketingtext, der auch die richtigen Schlagworte enthält, damit das Buch gefunden wird.

 

HPR: Übernehmen deine Kunden alle deine Änderungen? Erwartest du, dass alles übernommen wird?

SvR: Meine Einstellung dabei ist ganz einfach: Mein Kunde entscheidet, es ist sein Buch. Wenn er mit einem Vorschlag nicht einverstanden ist, kann ich sehr gut damit leben.

 

HPR: Kannst du einen Durchschnittswert sagen, wie viel Prozent deiner Änderungen übernommen werden?

SvR: Ich führe keine Statistik dazu, das wäre aber sicher interessant. Für mich zählt, dass meine Kunden mit meiner Arbeit zufrieden sind und mit meinen Vorschlägen grundsätzlich etwas anfangen können. Bisher habe ich immer gutes Feedback bekommen, und ich hoffe auch, dass das so bleibt. Wenn genau abgesprochen wurde, wie die Bearbeitung aussehen soll, also eine eingehende Bedarfsanalyse stattgefunden hat, ist es unwahrscheinlich, dass die Bearbeitung völlig verfehlt ist.

 

HPR: Was geschieht, wenn der Kunde sagt: Nein, so wie du das geändert hast, will ich das nicht haben?

SvR: Wie gesagt, das ist für mich kein Problem, solange der Kunde insgesamt etwas mit meiner Bearbeitung anfangen kann. Vorschläge sind dazu gedacht, entweder angenommen oder abgelehnt zu werden. Manchmal ergeben sich auch gute Gespräche darüber, wie man eine Stelle verbessern kann, und wir kommen gemeinsam auf eine noch bessere Lösung.

 

HPR: Gab es auch schon mal Fälle, in denen du und der Kunde euch nicht einigen konntet? Was passiert dann?

SvR: Du meinst, wenn einem Kunden ein Vorschlag nicht gefällt? Dann passiert gar nichts, dann wird es eben anders gemacht, als ich es vorgeschlagen habe, und das ist gut so. Wenn im Laufe der Bearbeitung irgendwelche Probleme auftauchen, ist es wichtig, es direkt anzusprechen. Das gilt nicht nur für die Kundenbeziehung, sondern für jede Beziehung, finde ich.

 

HPR: Müssen die Texte ein bestimmtes Niveau haben, damit du sie lektorierst? Oder lektorierst du alles?

SvR: Wenn ich in der Bedarfsermittlung, also in den ersten Gesprächen und bei der ersten Sichtung des Textes, feststelle, dass ein sehr hoher Arbeitsaufwand nötig wäre, um den Text den Erwartungen gemäß zu bearbeiten, sage ich dem Interessenten, mit welchen Kosten das verbunden ist. Ich kläre ihn darüber auf, dass es günstiger wäre, den Text selber noch einmal gut zu überarbeiten. Gerne gebe ich auch Tipps dazu. Manche Texte sind einfach noch nicht so weit, dass sie ins Lektorat können. Gänzlich unprofessionell geschriebene Texte bekomme ich selten angeboten.

 

HPR: Kommen wir zum heikelsten Thema, den Preisen. Hast du feste Preise für bestimmte Leistungen, zum Beispiel pro Normseite? Oder wonach berechnest du den Preis deiner Leistungen?

SvR: Ja, das ist ein wichtiges Thema. Im Unternehmensbereich und als Texterin lege ich meinen Kalkulationen die Arbeitsstunde zugrunde. Für Lektorate im Bereich Buch ist es oft auch die Manuskriptnormseite oder Standardseite, allerdings habe ich auch hier die Arbeitsstunde im Kopf. Es geht also immer darum, wie arbeitsintensiv das Projekt ist und wie viel Zeit die Bearbeitung kostet.

 

HPR: In welchem Bereich bewegt sich der durchschnittliche Aufwand für ein Manuskript eines Taschenbuchs mit 300 Seiten? Gibt es da Grenzen, maximal, minimal?

SvR: Das ist sehr unterschiedlich und reicht von 50 Arbeitsstunden bis zu weit über 100 – je nach dem, was zu tun ist.

 

HPR: Muss deiner Meinung nach ein Lektor selbst erfolgreich Bücher veröffentlicht haben?

SvR: Ich arbeite als Texterin und habe auch als freie Journalistin gearbeitet. Ein Buch habe ich im Auftrag eines Kunden selbst verfasst, andere habe ich im Rahmen meines Angebots „Lektorat PLUS“ teilweise selbst geschrieben. Durch diese Erfahrungen kann ich mich gut in meine Autorinnen und Autoren hineinversetzen und Lösungsmöglichkeiten für Herausforderungen beim Schreiben und Veröffentlichen aufzeigen.

 

HPR: Wie bist du eigentlich Lektorin geworden? Wie sah dein Berufsweg aus?

SvR: Ich habe Literaturwissenschaft mit dem Ziel studiert, Lektorin zu werden. Im Laufe meines Studiums hatte ich auch Jobs in Verlagen, doch dann entdeckte ich die Fotografie. Sie begeisterte mich dermaßen, dass ich nach meinem Abschluss eine Stelle in der Bildagentur Getty Images annahm, zunächst als Bilddokumentarin, dann als Abteilungsleiterin. Nach einer Familienphase habe ich dann meinen alten Traum verwirklicht, als Lektorin zu arbeiten: erst für einen medizinischen Fachverlag, dann für mehrere Auftraggeber. Inzwischen ist Wirtschaft und Business ein weiterer, wichtiger Themenschwerpunkt geworden. Dazu arbeite ich als Texterin für Unternehmen.

 

HPR: Welche mittlerweile veröffentlichten Texte aus deinen Lektoraten würdest du besonders empfehlen?

SvR: Für Unternehmen interessant ist sicherlich das Buch über Intranets von Martin Seibert. Es steckt voller Insiderwissen und wertvoller Ratschläge: Das Social Intranet. Wer Goethe liebt, den wird sicher Dietlinde Küppers intelligentes und unterhaltsames Buch Goethes Verhältnis zur Musik begeistern. Für ein breites Publikum empfehle ich das berührende Buch der Palliativschwester Ivana Seger über ihren Therapiehund Emma: Emma hilft

HPR: Herzlichen Dank für das Interview.

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Hans Peter Roentgen ist Autor der Bücher „Vier Seiten für ein Halleluja“ über Romananfänge, „Drei Seiten für ein Exposé“, „Schreiben ist nichts für Feiglinge“, „Klappentext, Pitch und weiteres Getier“ und „Was dem Lektorat auffällt“. Außerdem hält er Schreibkurse und lektoriert.


UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN


Bitte schickt den ExpertInnen nur Fragen zu ihrem Expertenthema - keine Manuskripte zur Beurteilung. Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber gelöscht wird.
 

Drehbuch  Oliver Pautsch Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Fantasy Stefanie Bense Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Heftroman  Arndt Ellmer Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Historischer Roman  Titus Müller Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Kinder- und Jugendbuch Sylvia Englert Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Kriminalistik Kajo Lang Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Lyrik Martina Weber Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Marketing Maike Frie Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Recherche  Barbara Ellermeier Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Plotten Kathrin Lange Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Sachbuch Gabi Neumayer Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Schreibaus- und -fortbildung  Uli Rothfuss Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Schreibhandwerk Ute Hacker Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Science-Fiction Andreas Eschbach Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 


 FRAG DIE EXPERTIN FÜR KINDERBUCH (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


Frage:

Ich habe vor Kurzem das Exposé zu einem Kinderkrimi an drei Agenturen versandt. Der Plan war, nach Verstreichen von vier bis sechs Wochen, weitere anzuschreiben.

Heute bekam ich eine Mail von einer der Agenturen, die mich um mehr Geduld als üblich bei der Begutachtung der Unterlagen bat. Grund seien die Corona-Folgen bei Verlagen, da man dort häufig noch nicht weiß, wie weiter verfahren werden soll. Somit hängen auch die Agenturen in der Luft und konzentrieren sich, verständlicherweise, zunächst auf die Autoren, die sie bereits vertreten. Die Agentur wollte sich melden, wenn wieder alles in geregelteren Bahnen läuft.

Für mich ergibt sich nun folgende Frage: Ist es als Erstautor ratsam, mit dem Verschicken von Exposés zu warten, bis Corona abgeebbt ist und Verlage wieder an neuen Manuskripten interessiert sind? Die Befürchtung ist, dass das eingesandte Manuskript bei Agenturen mehr als üblich im Stapel untergeht bzw. dann, wenn alles wieder durchstartet, die Chancen sinken, weil später eingesandte Manuskripte bevorzugt werden.

Vielleicht können Sie aus Ihrer Zusammenarbeit mit Agenturen einen Hinweis geben, wie man zur Zeit am besten mit seinem Manuskript verfährt.

 

Antwort:

Im Moment ist es tatsächlich eine sehr besondere Situation. Der Kinderbuchmarkt hat zwar relativ wenig gelitten (Einbruch nur 10%), aber trotzdem war das Frühjahr natürlich heftig und turbulent für Buchhandel und damit auch für die Verlage.

Im Moment sind die Verlage darum überhaupt nicht in "Kauflaune". Deshalb ist es absolut sinnvoll, mit dem Versand Ihrer Unterlagen erst mal zu warten und erst wieder im Herbst (am besten November oder so) neue Projekte anzubieten. Dann wird die Stimmung bestimmt wieder besser sein und die Verlage tun sich nach neuen Stoffen um (und damit läuft das Geschäft der Agenturen auch wieder besser).

**~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**

Sylvia Englert, auch bekannt unter ihrem Roman-Pseudonym Katja Brandis, hat über 50 Bücher – hauptsächlich aus dem Bereich Kinder- und Jugendbuch – bei namhaften Verlagen wie Piper, Beltz & Gelberg, Arena und arsEdition veröffentlicht. Sie gibt ihre Erfahrungen im "Handbuch für Kinder- und Jugendbuchautoren" und anderen Autorenhandbüchern weiter. www.sylvia-englert.de, www.katja-brandis.de

 



Veranstaltungen, Ausschreibungen, Publikationsmöglichkeiten, Messen und Seminare findet ihr im zweiten Teil des Tempest, den ihr separat abonnieren müsst.


Einsendeformalien 
Einsendungen sind zu allen Rubriken von autorenforum.de - nach Rücksprache - erwünscht. Das Urheberrecht verbleibt bei der Autorin bzw. beim Autor. 
Einsendungen bitte im RTF-Format und per E-Mail, und zwar an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Fragen zu Einsendungen sollten ebenfalls an diese Adresse gerichtet werden.


 IMPRESSUM


Herausgeber
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Ausgabe 26-03 (vom 20. März 2024)

TEIL 1 (Schreiben und Veröffentlichen):

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Autorenwissen
     „Lektorat: Prolog oder erstes Kapitel?“
     von Hans Peter Roentgen
   Buchbesprechung
     „Helden, Helfer und Halunken – Perfekte Figuren für Ihren Roman“
     besprochen von Meike Blatzheim
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